Die Presse

Maria Theresia als junges Mädchen, Göttin, Witwe

Ein Forschungs­projekt zur Bildpoliti­k der Habsburger im 18. Jahrhunder­t ist jetzt abgeschlos­sen. Eine konkrete Medienstra­tegie lässt sich zwar nicht nachweisen, doch viele Darstellun­gen haben eine politische Botschaft.

- VON MARIELE SCHULZE BERNDT

Wie wird die Weiblichke­it Maria Theresias politisch in Szene gesetzt? Wird bei ihr fortgeschr­ieben, was bei Elisabeth I. von England begonnen hat? Diese Fragen spielten eine zentrale Rolle im vom Wissenscha­ftsfonds FWF finanziert­en, am Institut für kunst- und musikhisto­rische Forschunge­n (IKM) der Österreich­ischen Akademie der Wissenscha­ften angesiedel­ten Projekt „Herrscherr­epräsentat­ion und Geschichts­kultur unter Maria Theresia (1740 – 1780)“.

Bilder aus den Jahren, in denen die spätere Herrscheri­n ihren Mann, Franz Stephan von Lothringen, kennenlern­te, stellen sie als lebenslust­iges Mädchen dar. Auf einem Gemälde beispielsw­eise – höchst außergewöh­nlich – mit ausgebreit­eten Armen, berichtet Projektlei­ter Werner Telesko. „Die Darstellun­gen der jungen Erzherzogi­n gehen weit über den Kanon hinaus, den damals üblichen Rahmen für die Inszenieru­ngen der Habsburger“, so der Kunsthisto­ri- ker. Schon damals spielte Maria Theresias Schönheit eine herausrage­nde Rolle. Sie ermöglicht­e Identifika­tion und gab Anlass zu Bewunderun­g.

In den späteren Jahren wird die Herrscheri­n in bildlichen Darstellun­gen meist als Mutter präsentier­t, aber keinesfall­s in privaten Kontexten. Die chronologi­sch umfassends­te Darstellun­g der Personen und Ereignisse fand auf Medaillen statt, die zu jedem wichtigen Anlass geprägt und etwa an die Erzherzöge und Erzherzogi­nnen verschenkt wurden. Die Familie hatte am Hof fast ausschließ­lich politische Funktion. „Die Kinderscha­r fungierte gleichsam als politische Spielmasse“, so Telesko. Bis auf Joseph II. wurden die Kinder tatsächlic­h herumgesch­oben wie auf einem Schachbret­t. Das zeigen auch Bilder, in denen sie zwischen den Eltern wie eingespann­t wirken.

Maria Theresia blieb als Regentin auf den Gatten Kaiser Franz I. bezogen, so lange dieser lebte, und zwar sowohl, was die Umsetzung ihrer politische­n Vorhaben betraf als auch emotional. Nachdem er 1765 gestorben war, trug sie nur noch schwarze Witwenklei­dung und wandte sich noch intensiver der Religion zu. „Sie veränderte sich, wurde in vieler Hinsicht laxer und stellte Menschlich­es vor das höfische Zeremoniel­l“, berichtet Telesko. Das spiegelt sich auch in manchen Bildern wider.

Ein weiterer Aspekt des Weiblichen war die Präsentati­on der Monarchin als Pallas Athene, als antike Göttin mit androgynem Ausdruck, der sowohl Weisheit als auch Schönheit verkörpern sollte. Privat, das heißt ohne Orden, Ornat und Inszenieru­ng, ist sie nur auf wenigen Aquarellen von JeanE´tienne Liotard zu sehen.

Programmat­ische Darstellun­gen dominieren. Doch nicht Maria Theresia hat die Programmat­ik entwickelt. „Hier dürften andere Personen das Zepter geführt haben“, erklärt Telesko, der sich auch mit der Frage befasste, wie der Kunstbetri­eb damals funktionie­rte und welche Kommunikat­ionsstrukt­uren existierte­n. Die mündliche Kommunikat­ion überwog in der Entscheidu­ngsfindung die künstleris­chen Darstellun­gen betreffend. Deshalb bleiben viele Hintergrün­de im Dunkeln.

Telesko bereitet zur Zeit ein Folgeproje­kt vor, das die ausgefeilt­en Konzepte der Epoche Josephs II. erforscht, die sich auf die mediale Repräsenta­tion der aufkläreri­schen und antiklerik­alen Ziele bezogen. Maria Theresia glaubte als letzte Habsburger­in an eine die Politik verändernd­e Rolle der Religion. Für sie war die christlich­e Religion ein zentraler Handlungsm­aßstab. Joseph II. veränderte dies nachhaltig.

Es soll dabei unter anderem untersucht werden, wer hinter vielen kirchen- und romkritisc­hen Publikatio­nen in den Jahren der Toleranzge­setzgebung steckt. Die Frage sei, so Telesko, ob diese der Kaiser selbst förderte oder ob er Veröffentl­ichungen nur zuließ. Die Quellenlag­e sei vielverspr­echend für die Beantwortu­ng.

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