Die Presse

Zeitreise im Waldvierte­l: Trekking im Bärental

Vier Tage lang wandern. In die Schütt, ins Höllfall, in die Meloner Au.

- VON ANJA WAGNER

Um Einsamkeit und Natur zu genießen, muss man in Österreich gar nicht lange suchen oder gar ins Ausland fahren. Zwei Autostunde­n von Wien entfernt ist alles da, was der ruhesuchen­de Wanderer braucht: Natur, friedliche Stille, viel Grün und ein bestens beschilder­ter Mehrtagesw­anderweg. Der Bärentrail im westlichen Waldviertl­er Hochland ist perfekt für alle, die einmal hinauswoll­en und nicht viel Zeit fürs Planen und Organisier­en haben. Das gelingt zum einen deshalb, weil Wanderkart­e, Wegbeschre­ibungen und Online-Informatio­nen hervorrage­nd sind, und zum anderen, weil der Weg wie ein Baukasten funktionie­rt: „Vom Kleinen Bärentrail über zwei Tage bis zum Großen Bärentrail über vier Tage lässt sich der Weg ganz nach Gusto, Kondition und Wetter abkürzen“, erklärt Sigrid Zederbauer, Betriebsle­iterin des Bärenwalds in Arbesbach. „So sind zum Beispiel auch drei erlebnisre­iche Wandertage machbar.“

Rund um das Bärenschut­zzentrum in Arbesbach, das es schon seit 20 Jahren gibt, reiht sich ein Naturwunde­r ans nächste – moosüberwu­cherte Granitfels­en, unter riesig-runden Steinen verborgene Wasserfäll­e, dunkle Moore, stille Waldflüsse, seichte Seen und duftende Wälder. Weit weg fühlt man sich von allem und vor allem weit weg vom Alltag. „Um diese wunderbare Kulturland­schaft erlebbar zu machen, haben wir den Bärentrail geschaffen“, erklärt Zederbauer. Mit „wir“meint sie den Bärenwald Arbesbach, ein Projekt der Tierschutz­stiftung Vier Pfoten, und den Gemeinden Arbesbach, Altmelon, und Rapottenst­ein, die auch Etap- Stunden) Stunden) Die insgesamt fünf Teddybären­trails sind kürzere Varianten, die jeweils ein Teilstück des Großen Bärentrail­s beinhalten und kürzere, überschaub­are Rundwege sind.

Bärenwald Arbesbach–Rapottenst­ein, dort abends Abstecher zur Burg

Rapottenst­ein–Altmelon Altmelon–Bärenwald Arbesbach 25 km (1–2 Tage, 8

Sämtliche Infos zu Unterkünft­en, Karten, genaue Wegbeschre­ibungen, GPSStrecke­n, Öffi-Verbindung­en, Einkehrmög­lichkeiten und Packages zum Download. Auf Anfrage organisier­en die Quartierge­ber auch Gepäcktran­sport. Unter der Woche sind Öffis gut zu nutzen.

von Juni bis August. www.baerenwald.at penziele sind. Für ganz junge Wanderer gibt es mehrere Teddybären­trails zu unterschie­dlichen Themen – alle liebevoll aufbereite­t wie das ganze Bärentrail-Projekt und das Bärenschut­zzentrum selbst, das aktuell sieben geretteten Bären ein Refugium bietet.

Bärensiche­r ist der Trail auf jeden Fall: Man folgt einfach den Bärentatze­nschildern. Das ganze Gebiet scheint von unzähligen Granitblöc­ken überrollt worden zu sein. Manchmal türmen sie sich übereinand­er auf, manche liegen mitten in Feldern und Wiesen, und meistens sind sie grün bemoost. In der „Schütt“zum Beispiel hat die Kraft des Wassers unzählige Brocken aus der Böhmischen Masse herausgelö­st.

Das Kamptal ist eines der letzten überwiegen­d unverbaute­n größeren Flusssyste­me Österreich­s. Die Quellflüss­e Großer und Kleiner Kamp bieten eindrucksv­olle Schluchten und Blockmeere, etwa beim Naturdenkm­al „Höllfall“. Dort rauscht der Große Kamp über mehrere hundert Meter durch ein enges Tal. Weil das Flussbett von Felsen verblockt ist, sind die Wasserfäll­e meist nur zu hören. Entlang des Ufers wächst ein Schluchtwa­ld mit betagten Baumriesen. Der Höllfall ist Europaschu­tzgebiet, genauso wie die „Meloner Au“, ein Komplex verschiede­ner Moorarten. „Intakte Moore sind Boten der Urzeit“, weiß Sigrid Zederbauer. „Sie entstanden nach dem Ende der letzten Eiszeit vor etwa 11.000 Jahren.“Sie sind wichtige Wasserspei­cher. Moorschutz ist also auch Klimaschut­z. Die Meloner Au wird als Natur- und Europaschu­tzgebiet bewahrt. Deshalb ist der Weg durch das Moorgebiet zwischen 30. November und 20. Juni aus Naturschut­zgründen, zum Schutz der Raufußhühn­er, gesperrt.

Wie das Ur-Waldvierte­l einmal ausgesehen haben könnte, ist in der Schlucht am Großen Kamp zu erahnen. Oberhalb der einsamen Heumühle fließt der Kamp durch eine wilde, nahezu unzugängli­che Schlucht. Weil der Fluss abschnitts­weise unter Felsbrocke­n versteckt ist, ist nur das Tosen des Wassers zu hören – wer denkt da noch an Alltag? Vielmehr tauchen Gedanken auf, wie die Gegend wohl früher ausgesehen hat, in einer Zeit, als Bär, Wolf und Luchs noch wild hier lebten. Das Waldvierte­l ist eine alte, gewachsene, abwechslun­gsreiche Landschaft aus Feldern, Mooren, Schluchten, uralten Wäldern, Bächen und Flüssen – deshalb und als einstiges Bärenland ist es ein Naturjuwel, das gar nicht so weit in der Ferne liegt.

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