Mint auch beim Bachelor gefragt
Arbeitsmarkt. Laut einer internationalen Studie sind Unternehmen eher unzufrieden mit heimischen Bachelorabsolventen. Manche Abschlüsse bieten dennoch gute Jobaussichten.
In den Deklarationen aus dem Bologna-Prozess der Europäischen Union ist immer wieder zu lesen, dass ein europäischer Hochschulraum geschaffen werden soll. Doch die University-Employability-Studie der französischen Personalberatung Emerging und des deutschen Beratungs- und Marktforschungsunternehmens Trendence mit 50.000 Bewertungen von 6000 Unternehmen aus 22 Ländern kam im November 2017 zu einem Ergebnis, dass zeigt, wie lange dieser Weg noch ist. Demnach meinen die internationalen Arbeitgeber, das österreichische Hochschulen ihre Studierenden nicht ausreichend auf den Berufseinstieg vorbereiten.
Individueller Weg entscheidet
Und doch gibt es Bachelors, die es schaffen. „Es kommt aber stark auf die bis dahin erworbenen Kenntnisse an. Je nach Beruf werden unterschiedliche Anforderungen an die Absolventen gestellt. Bei einem Beruf mit starker fachlicher Expertise – wie etwa bei Deloitte im Bereich Steuerberatung oder Corpo- rate Finance – braucht es im Rahmen des Bachelorstudiums bereits einen starken fachlichen Fokus“, sagt Melike Jilka, HR-Expertin bei Deloitte Österreich. Eine Herausforderung hätten die fachspezifischen und eher breit aufgestellten Bachelors aber gemeinsam zu bewältigen: die starke digitale Prägung. „Aktuell sind vor allem Absolventen von Studiengängen an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und IT stark gefragt. Die wirtschaftliche Komponente kann dabei in vielen Bereichen liegen, zum Beispiel im Accounting, im Marketing oder im HR-Bereich. Dieser Trend wird länger anhalten.“
In den Bildungsberatungsstellen sind Bachelors eher selten anzutreffen, was grundsätzlich eine gute Nachricht ist, denn sie bedeutet, dass sich viele auf dem richtigen Weg sehen. Doch wenn sich die Bachelorabsolventen einfinden, dann deshalb, weil sie entweder im Masterstudium einen Studienabbruch in Erwägung ziehen oder tatsächlich keinen Job finden.
Mobilität und Belastbarkeit
„Viele schauen sich zwar schon während des Studiums in Unternehmen um. Doch das ist keine Garantie für eine Beschäftigung. Vielmehr kommt es neben der fachlichen Qualifikation auch auf die Persönlichkeit und den Lebenslauf an“, sagt Andreas Pichler, Geschäftsführer der Beratung für Bildung und Beruf in Vorarlberg. Was aus seiner Sicht den Unternehmen wichtig ist: „Sie wollen die neuen Mitarbeiter formen, aber auch ihre Mobilität und Belastbarkeit sehen.“Am leichtesten finden aus Pichlers Sicht Absolventen der Fachrichtungen Soziale Arbeit, Informationstechnologie und Chemie einen Job. „Bachelors in Psychologie, Gesundheitswissenschaften, Architektur und Wirtschaftswissenschaften erhöhen ihre Chancen ganz klar mit einem Master“, führt Pichler aus.
Die Bildungsberatung Steiermark hat ebenfalls dann mit Bachelors zu tun, wenn sie sich während des Masterstudiums mit dem Gedanken eines Studienabbruchs tragen oder nach einigen Jahren der Berufserfahrung eine Neuorientierung suchen.
Probleme im ländlichen Raum
Und dabei spielt nicht nur die Qualifikation eine Rolle: „Bachelors tun sich hauptsächlich in ländlichen und abgelegenen Regionen schwer, eine adäquate Beschäftigung zu finden, sie sind durch ihre Ausbildung zumeist in Ballungszentren verortet und durch ihre fachliche Expertise auf Mobilität und Flexibilität vorbereitet“, sagt Projektleiterin und Netzwerkkoordinatorin Monika Anclin. „Wenn es um den Bachelorabschluss geht, erweisen sich die Personalisten in großen Unternehmen aus dem Mint-Bereich meist als durchaus informiert hinsichtlich der zu erwartenden Kompetenzniveaus und Fähigkeiten der Bewerber.“Lässt man Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik beiseite, stellt es sich anders dar: „Bei Personalentscheidern in anderen Bereichen und bei kleineren Unternehmen sind die Erwartungen noch etwas indifferent oder auch die Erfahrung mit diesem akademischen Abschluss noch zu wenig konkret.“Wer sich allerdings für die Mint-Bereiche entscheide, werde mit offenen Armen empfangen, sagt Anclin.