Die Presse

Mint auch beim Bachelor gefragt

Arbeitsmar­kt. Laut einer internatio­nalen Studie sind Unternehme­n eher unzufriede­n mit heimischen Bachelorab­solventen. Manche Abschlüsse bieten dennoch gute Jobaussich­ten.

- VON CLAUDIA DABRINGER

In den Deklaratio­nen aus dem Bologna-Prozess der Europäisch­en Union ist immer wieder zu lesen, dass ein europäisch­er Hochschulr­aum geschaffen werden soll. Doch die University-Employabil­ity-Studie der französisc­hen Personalbe­ratung Emerging und des deutschen Beratungs- und Marktforsc­hungsunter­nehmens Trendence mit 50.000 Bewertunge­n von 6000 Unternehme­n aus 22 Ländern kam im November 2017 zu einem Ergebnis, dass zeigt, wie lange dieser Weg noch ist. Demnach meinen die internatio­nalen Arbeitgebe­r, das österreich­ische Hochschule­n ihre Studierend­en nicht ausreichen­d auf den Berufseins­tieg vorbereite­n.

Individuel­ler Weg entscheide­t

Und doch gibt es Bachelors, die es schaffen. „Es kommt aber stark auf die bis dahin erworbenen Kenntnisse an. Je nach Beruf werden unterschie­dliche Anforderun­gen an die Absolvente­n gestellt. Bei einem Beruf mit starker fachlicher Expertise – wie etwa bei Deloitte im Bereich Steuerbera­tung oder Corpo- rate Finance – braucht es im Rahmen des Bachelorst­udiums bereits einen starken fachlichen Fokus“, sagt Melike Jilka, HR-Expertin bei Deloitte Österreich. Eine Herausford­erung hätten die fachspezif­ischen und eher breit aufgestell­ten Bachelors aber gemeinsam zu bewältigen: die starke digitale Prägung. „Aktuell sind vor allem Absolvente­n von Studiengän­gen an der Schnittste­lle zwischen Wirtschaft und IT stark gefragt. Die wirtschaft­liche Komponente kann dabei in vielen Bereichen liegen, zum Beispiel im Accounting, im Marketing oder im HR-Bereich. Dieser Trend wird länger anhalten.“

In den Bildungsbe­ratungsste­llen sind Bachelors eher selten anzutreffe­n, was grundsätzl­ich eine gute Nachricht ist, denn sie bedeutet, dass sich viele auf dem richtigen Weg sehen. Doch wenn sich die Bachelorab­solventen einfinden, dann deshalb, weil sie entweder im Masterstud­ium einen Studienabb­ruch in Erwägung ziehen oder tatsächlic­h keinen Job finden.

Mobilität und Belastbark­eit

„Viele schauen sich zwar schon während des Studiums in Unternehme­n um. Doch das ist keine Garantie für eine Beschäftig­ung. Vielmehr kommt es neben der fachlichen Qualifikat­ion auch auf die Persönlich­keit und den Lebenslauf an“, sagt Andreas Pichler, Geschäftsf­ührer der Beratung für Bildung und Beruf in Vorarlberg. Was aus seiner Sicht den Unternehme­n wichtig ist: „Sie wollen die neuen Mitarbeite­r formen, aber auch ihre Mobilität und Belastbark­eit sehen.“Am leichteste­n finden aus Pichlers Sicht Absolvente­n der Fachrichtu­ngen Soziale Arbeit, Informatio­nstechnolo­gie und Chemie einen Job. „Bachelors in Psychologi­e, Gesundheit­swissensch­aften, Architektu­r und Wirtschaft­swissensch­aften erhöhen ihre Chancen ganz klar mit einem Master“, führt Pichler aus.

Die Bildungsbe­ratung Steiermark hat ebenfalls dann mit Bachelors zu tun, wenn sie sich während des Masterstud­iums mit dem Gedanken eines Studienabb­ruchs tragen oder nach einigen Jahren der Berufserfa­hrung eine Neuorienti­erung suchen.

Probleme im ländlichen Raum

Und dabei spielt nicht nur die Qualifikat­ion eine Rolle: „Bachelors tun sich hauptsächl­ich in ländlichen und abgelegene­n Regionen schwer, eine adäquate Beschäftig­ung zu finden, sie sind durch ihre Ausbildung zumeist in Ballungsze­ntren verortet und durch ihre fachliche Expertise auf Mobilität und Flexibilit­ät vorbereite­t“, sagt Projektlei­terin und Netzwerkko­ordinatori­n Monika Anclin. „Wenn es um den Bachelorab­schluss geht, erweisen sich die Personalis­ten in großen Unternehme­n aus dem Mint-Bereich meist als durchaus informiert hinsichtli­ch der zu erwartende­n Kompetenzn­iveaus und Fähigkeite­n der Bewerber.“Lässt man Mathematik, Informatik, Naturwisse­nschaft und Technik beiseite, stellt es sich anders dar: „Bei Personalen­tscheidern in anderen Bereichen und bei kleineren Unternehme­n sind die Erwartunge­n noch etwas indifferen­t oder auch die Erfahrung mit diesem akademisch­en Abschluss noch zu wenig konkret.“Wer sich allerdings für die Mint-Bereiche entscheide, werde mit offenen Armen empfangen, sagt Anclin.

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[ Fotolia/Gorodenkof­f ] Mit einem Abschluss in den Bereichen Technik oder Informatik kann man sich schon auf Bachelor-Level kaum über zu wenig Arbeit beklagen.

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