Doch keine Scheidung vor der Homo-Ehe
Gleichstellung. Wer bereits in eingetragener Partnerschaft lebt, muss diese nicht erst auflösen, um eine Ehe schließen zu können. Die ersten Trauungen von gleichgeschlechtlichen Paaren wird es noch heuer geben.
Nach einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) muss die Ehe nach einer Übergangsfrist ab 2019 für alle geöffnet werden. Schon heuer dürfen jene fünf homosexuelle Paare heiraten, die vor der Entscheidung zum VfGH gegangen waren. Für sie gelten die neuen Regeln sofort. Aber es gibt eine Frage, die an Österreichs Standesämtern für Kopfzerbrechen sorgte. Nämlich ob Paare, die schon in eingetragenen Partnerschaft (EP) leben, nun einfach in eine Ehe wechseln dürfen.
„Eine Person darf keine Ehe eingehen, bevor ihre eingetragene Partnerschaft für nichtig erklärt oder aufgelöst worden ist.“So steht es im Paragraf 9 des Ehegesetzes. Und nimmt man diese Bestimmung wörtlich, dann hätten all jene gleichgeschlechtlichen Paare, die schon eine EP geschlossen haben und in die Ehe wechseln wol- len, ein Problem. Denn die EP darf man nur auflösen, wenn die Partner angeben, dass ihre Beziehung zerrüttet ist. Was aber wenig glaubhaft wäre bei einem Paar, dass eigentlich eine Ehe schließen will.
Lösung könnte hier der Gesetzgeber schaffen. Die Koalition könnte Übergangsbestimmungen beschließen. Oder die EP abschaffen, sodass man künftig nur noch Ehen schließen darf. Doch bisher stellte die Regierung keinen offiziellen Plan für den Umgang mit dem VfGH-Erkenntnis vor.
Doch nun gibt es eine Lösung, zumindest für die fünf homosexuellen Paare, die heuer heiraten dürfen. Die Stadt Wien hat beim Innenministerium angefragt, wie man mit diesen Fällen an den Standesämtern rechtlich umgehen muss. Und das Innenministerium habe geantwortet, dass die EP nicht vor der Eheschließung aufgelöst werden müsse, erklärte die zuständige Juristin der Stadt Wien der „Presse“. Daher werde man nun die Eheschließungen am Standesamt auch in den Fällen der gleichgeschlechtlichen Paare durchführen.
Zusätzlich gibt es ein Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreichs. Es kommt zum Schluss, dass „§ 9 des Ehegesetzes nicht für Paare gilt, die bereits in eingetragener Partnerschaft leben“.
Aber wie kann man das argumentieren? Rechtsanwalt Helmut Graupner, der die Eheöffnung vor dem VfGH für seine Mandanten erkämpfte, verweist auf eine andere Bestimmung im Eherecht, dem Verbot der Doppelehe (§ 24). Dort heißt es: „Eine Ehe ist nichtig, wenn ein Teil zur Zeit ihrer Schließung mit einer dritten Person in gültiger Ehe oder eingetragener Partnerschaft lebte“. Und da nur von einer „dritten Person“die Rede ist, sei es umgekehrt in Ordnung, wenn jemand ein und dieselbe Person eheliche, mit der er bereits in einer EP lebt. In diesem Lichte müsse man dann das Gesetz lesen.
Was bedeutet dies nun, wenn der Gesetzgeber weiterhin untätig bliebe? Dann gäbe es ab 2019 sowohl Ehe als auch Eingetragene Partnerschaft für Homo- und für Heterosexuelle. Und man dürfte zwischen Ehe und EP in beide Richtungen ohne vorherige Scheidung wechseln, meint Graupner. Wenn also Mann und Frau bisher in einer Ehe lebten, könnten sie in eine EP wechseln, wenn sie das beide wollen. Die EP hat weniger Rechte und Pflichten als die Ehe. So ist die Trennung leichter und es gibt danach weniger Unterhalt.
Justizminister Josef Moser hat zuletzt betont, dass an einer Liberalisierung des Eherechts nicht gedacht sei. Ob man für den Übergang von der EP zur Ehe doch noch eine neue gesetzliche Lösung finden will, ließ er offen.