Wenn alles früher ist, was wird dann aus später?
Die verfrühte Erntezeit und ihre Folgen.
Das
ganze Jahr über essen wir Mangos und Avocados und rote Paprika, die sind immer in Saison, irgendwo, darüber macht man sich kaum Gedanken, die sind ständig verfügbar. Andere Früchte hingegen haben einen fixen Platz im Jahresplan, dem man sich unterwirft, weil es beruhigend ist, wenn manches so ist, wie es immer war.
Die Marille etwa, die gehört in den Hochsommer, und wenn sie vorbei ist, dann werden die Nächte schon kühler, aber diesmal ist alles anders. Die Haupternte ist vorbei, ehe man sich auf den Wahnsinn eingestellt hat, den die Königin des Obsts auslöst, denn sie duldet keine Verzögerung, alles muss sofort passieren, wenn sie reif ist. Die Freundin hat sich spontan Urlaub genommen, um in der Heimat nach dem Rechten zu sehen. Wenn sie entschlossen im Topf rührt, ähnelt sie Miraculix und die Marmelade ist heilig wie Zaubertrank.
Nicht nur ihr Urlaubsplan ist durcheinander. Heuer ist eben alles früher (nur der Spargel war später), auch Äpfel und Zwetschken rücken vor, und die Weinlese beginnt schon im August. Statt Pfirsichbowle gibt es bald Sturm, oder beides. Mahlzeit.
Die bange Frage, ob dann der Altweibersommer früher seine Spinnweben schickt und wie der September bestritten wird, wenn schon alles vorher erledigt ist, stößt auf maximales Unverständnis. Man kann sich das Leben auch künstlich schwer machen und so weiter und so fort.
Aber dennoch blicken wir einer gewissen Lücke entgegen. Wenn das so weitergeht mit dem Vorrücken, dann ist spätestens im Oktober Schluss, denn was sollte schon vorweggenommen werden aus dem November, außer Nebel, Krähen und ein wenig Blues? So ist das, wenn man über die Verhältnisse lebt, irgendwann geht es sich nicht mehr aus. Gottseidank ist genug Marillenmarmelade da, für einen langen Winter.