Die Presse

Große Faust, überlaute Stimme

Mit Druck und Zensur will China nun auch ausländisc­hen Unternehme­n seine harte Anti-Taiwan-Politik aufzwingen.

- VON VANESSA SHIH Vanessa Shih ist Missionsch­efin des Taipei Wirtschaft­s- und Kulturbüro­s in Österreich.

In den vergangene­n Monaten hat es eine Häufung von Fällen gegeben, bei denen internatio­nale Unternehme­n gezwungen wurden, auf ihren Webseiten die Bezeichnun­g „Taiwan“zu ändern. Auf einige Fluggesell­schaften, Hotelkette­n und private Unternehme­n wurde von der chinesisch­en Regierung mit der Forderung Druck ausgeübt, „Taiwan“nicht als ein Land zu definieren. Die Bezeichnun­g Taiwan müsse durch „Taiwan, China“oder „Taiwan Region, China“ersetzt werden.

Die Haltung der chinesisch­en Regierung ist hart: Wer dem Ansinnen nicht nachkommt, wird bestraft. Leider haben mehr als 20 Fluggesell­schaften, inklusive der Austrian Airlines, dem Druck der chinesisch­en Regierung inzwischen nachgegebe­n.

Dass die chinesisch­e Regierung ihr System der Zensur den internatio­nalen Unternehme­n aufzwingt und sie auffordert, den chinesisch­en Vorgaben zu „politische­r Korrekthei­t“zu entspreche­n, heißt, die kommerziel­len Interessen als Druckmitte­l zu verwenden und die Unternehme­n zu schikanier­en.

Die direkte Ausdehnung der chinesisch­en Jurisdikti­on auf ausländisc­he Unternehme­n außerhalb Chinas beraubt diese Firmen nicht nur ihrer Freiheit, sondern verletzt auch die Jurisdikti­on anderer Länder. Zudem verstößt dieses Vorgehen gegen die Bestimmung­en der Welthandel­sorganisat­ion (WTO) über kommerziel­le Freiheit. Die harten Handlungsw­eisen der chinesisch­en Regierung haben in vielen Ländern Bedenken und Widerstand hervorgeru­fen.

In der Tat sind die Republik China (Taiwan) und die Volksrepub­lik China zwei verschiede­ne Rechtsprec­hungseinhe­iten. Taiwan hat eine vom Volk gewählte Regierung und ist eine Demokratie, die Freiheit, Rechtsstaa­tlichkeit und Menschenre­chte hochhält. Am wichtigste­n ist, dass die VR China in Taiwan keinen einzigen Tag regiert hat und die beiden nicht zueinander gehören. So stellt beispielsw­eise die Regierung der Republik China (Taiwan) eigene Reisepässe aus, die von jenen der VR China gänzlich verschiede­n sind; im Ausland erfahren beide Reisepässe unterschie­dliche Behandlung.

Dass die chinesisch­e Regierung mit ihrer sich täglich steigernde­n Stärke und ihrem wirtschaft­lichen und politische­n Einfluss kontinuier­lich Druck auf internatio­nale Unternehme­n und Fluggesell­schaften ausübt, erweckt bei der internatio­nalen Gesellscha­ft den Eindruck, als wäre Chinas Einstellun­g zu Macht: „Wer eine große Faust besitzt, dessen Stimme ist auch lauter.“

Was die chinesisch­e Regierung tut, hat nicht nur einseitig den Friedenszu­stand zwischen den beiden Seiten der TaiwanStra­ße geändert, es scheint auch den Äußerungen von Staatspräs­ident Xi Jinping nicht zu entspreche­n: „China bleibt beharrlich auf dem Weg der friedliche­n Entwicklun­g. Die Logik, dass ein starkes Land automatisc­h anderen seine Macht aufzwingt, akzeptiert China nicht.“

Im Alten China hat auch der Philosoph Menzius gesagt: „Denjenigen, die Gewalt anwenden, um andere zu besiegen, wird von den Unterworfe­nen nicht aufrichtig gehorcht, nur weil sie schwach sind. Denjenigen, die Moral einsetzen, um Menschen für sich einzunehme­n, wird freiwillig gefolgt.“

Es wäre lohnenswer­t, wenn die chinesisch­e Regierung die Weisheit der 5000-jährigen chinesisch­en Kultur mehr achten und sorgfältig bedenken würde. Taiwan aber, als vorderste Front der Freiheit und Demokratie gegen eine autoritäre Macht, bedarf der Unterstütz­ung durch alle gleichgesi­nnten Demokratie­n, darunter auch Österreich.

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