Beten Fußballer um ein Tor?
Fußballer, die auf dem Platz beten, sorgen oft für Unverständnis. Was unverständlich ist.
In
seinem Buch „Open“, der vielleicht besten Sportlerbiografie, schreibt Andre Agassi auch über sein Verhältnis zu anderen Tennisspielern. Über seine Bewunderung für Roger Federer zum Beispiel oder seine Verachtung für Thomas Muster. Und natürlich über seinen tief sitzenden Hass gegen Michael Chang. Besonders angewidert hätten ihn die Gebete von Chang auf dem Platz. Dass jemand für so etwas Banales wie einen Sieg bei einem Tennisspiel betet, habe er nie verstanden.
Nun, Michael Chang war nie ein besonders respektabler, fairer Athlet und hätte sich von so einem edlen Sport wie Tennis fernhalten sollen. Aber dieser konkrete Vorwurf ist wohl nicht berechtigt. Er hat doch sicher nicht dafür gebetet, den nächsten Punkt oder das Match zu gewinnen.
So, wie gerade bei der Fußballweltmeisterschaft die vielen gläubigen Spieler nicht für das nächste Tor oder den Aufstieg in die nächste Runde beten. Das Gebet dürfte für sie etwas anderes, Größeres darstellen. Es hilft ihnen womöglich, sich zu konzentrieren, sich aufzurichten, zu motivieren. Vielleicht auch zu trösten. Dafür hat jeder Sportler seine eigene, ganz persönliche Strategie. Manche beten, manche meditieren, manche scherzen mit ihren Mitspielern. Anything goes.
Sich abfällig über betende Spieler zu äußern und diese Menschen gleich als Fundis zu bezeichnen ist jedenfalls eine ziemlich respektlose, unsympathische und unnötige Geste. Wahrscheinlich wird das Gebet in den meisten Fällen ohnehin nur vorgeschoben, um die eigene Abneigung gegenüber einem Spieler zu rechtfertigen. Das wird auch in Agassis Buch irgendwann deutlich. Denn eigentlich habe er Chang so gehasst, weil er als Spieler derselben Generation vor ihm einen Grand Slam gewann, 1989 in Paris, mit nur 17 Jahren. Hätte er sich sparen können, der große Agassi. Denn am Ende seiner Karriere konnte er auf acht Grand Slams zurückblicken, während es bei Chang bei dem einen blieb.