Die Presse

Obike ist unter die Räder gekommen

Bike Sharing. Der Leihradanb­ieter aus Singapur ist pleite. Der Markt boomt aber. Als Nächstes kommen die Tretroller.

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Die gelb-grauen Fahrräder stehen weiter zu Hunderten in Wien herum. Aber die Firma dahinter hat sich zum Phantom verflüchti­gt, die Ansprechpa­rtner sind untergetau­cht. Obike kommt aus Singapur, und dort stellte der Radverleih seinen Betrieb Ende Juni überrasche­nd ein. Nun melden lokale Medien, ein vorläufige­r Insolvenzv­erwalter habe die Kontrolle übernommen. Das Unternehme­n ist offenbar nicht in der Lage, den Nutzern von 14.000 Rädern ihre Kaution zurückzuza­hlen, weil es das Geld im laufenden Betrieb einsetzte (in Wien gab es zuletzt kein Pfand). Was nach einem windigen Geschäft klingt, ist in China ein boomendes Milliarden­business. Die Idee kam erst vor drei Jahren auf: Leihräder, die sich wie beim Carsharing überall abstellen und abholen lassen. Wo man sie findet, verrät eine App, über die auch per Code entsperrt und abgerechne­t wird. Die staugeplag­ten Chinesen zeigten sich begeistert, das Angebot schwoll an.

Aber der Preiskampf ist brutal. 34 kleinere Anbieter gaben schon auf – und räumten zwei Pionieren das Feld, die heute 90 Prozent des Marktes beherrsche­n: Ofo und Mobike. Sie konnten sich durchsetze­n, weil zwei Tech-Giganten sie finanziere­n. Hinter Ofo steht mit Alibaba-Gründer Jack Ma der reichste Chinese. Mobike wurde im April vom Essenszust­eller Meituan gekauft, der wiederum zum Imperium des Social-Media-Platzhirsc­hen Tencent gehört.

Dem Deal lag eine Bewertung von 3,4 Mrd. Dollar zugrunde – für ein Geschäft, das bisher nur hohe Verluste einfährt. Freilich geht es nicht um den Verleih, sondern um die Daten von Hunderten Millionen registrier­en Nutzern. Wobei noch nicht einmal klar ist, wie sich die Daten der Radler zu Geld machen lassen. Aber das ist, bei ausreichen­d großer Zahl, noch immer gelungen. Die Expansion nach Eu- ropa begann erst im Vorjahr. Ofo ist auch in Wien präsent, zusammen mit den Dänen von Donkey Republic. Auch Uber tritt in die Pedale: Ende des Sommers startet Uber Jump in Berlin, wenig später folgen andere europäisch­e Städte. Der neueste Schrei sind aber die Elektro-Tretroller des kalifornis­chen Start-ups Lime. Als Sprungbret­t nach Europa dient Paris, wo der Dienst soeben startete. Der Aufwand ist groß: Über Nacht werden alle Roller eingesamme­lt, aufgeladen und bei Bedarf repariert. Dabei kostet eine Fahrt nur einen Euro plus 15 Cent pro Minute. Die Kundendate­n müssen also ganz schön viel wert sein. (gau)

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