Angst vor Stigmatisierung
Die Sportpsychiatrie hat sich zum Ziel gesetzt, Sportler mit psychiatrischen Erkrankungen zu behandeln. Daneben gilt es, Aufklärungsarbeit bei Familie und Umfeld des Sportlers zu leisten, um den Zugang zu einer Behandlung zu erleichtern. Denn Athleten mit seelischen Beschwerden vermeiden es, professionelle Hilfe aufzusuchen – vor allem aus zwei Gründen: Angst vor sozialer Stigmatisierung und Respekt gegenüber Psychopharmaka – sie befürchten, dass diese Medikation die Leistungsfähigkeit negativ beeinflussen könnte.
Die Aufmerksamkeit liegt im Sport ohnedies auf den körperlichen Beschwerden. Andi Herzogs lädierte Zehe bei der WM 1998 war in den Medien die „Zehe der Nation“. Im Gegensatz dazu wird von psychischen Erkrankungen kaum berichtet und somit wenig aufgeklärt. Eine Schlagzeile wie „Die Depression der Nation“hat es noch nicht gegeben, und Heldengeschichte über Sportler mit (überstandenen) Depressionen werden nicht geschrieben. Im Sport wie in der Medizin lassen sich Körper und Seele freilich nicht voneinander trennen. Verlet- Geboren 1975 in Oberösterreich. Studium der Medizin in Innsbruck und Wien. Facharzt für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin, Autor und Kolumnist beim Fußballmagazin „Ballesterer“. Mitbegründer und Vorsitzender der österreichischen AG für Sportpsychiatrie. Mitglied des Referats für Sportpsychiatrie und -psychotherapie der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie. Sein Roman „Ich und Vater“ist im Czernin Verlag erschienen.