Die Presse

Wenn der Sohne mit dem Vater

Porträt. Dass Söhne in das väterliche Unternehme­n einsteigen, ist üblich. Bei Dr. Owl Nahrungser­gänzungsmi­tteln lief es umgekehrt. Der Sohn ist CEO, der Vater wissenscha­ftlicher Berater.

- VON ANDREA LEHKY

Der Sohn: eine klassische Markenarti­kler-/Beraterkar­riere – WU-Studium, noch vor Studienabs­chluss von Henkel engagiert, erst mit kleinen, dann immer bedeutende­ren Marken betraut. „Es ist flott gegangen“, erinnert sich Georg Ferdinand Haschke (35 J.). Seine Spezialitä­t: „Etwas Bestehende­s neu denken. Uralte, versteiner­te Marken zum Leben erwecken.“

Trotzdem springt er nach fünf Jahren ab und geht ins Consulting. Für eine internatio­nale Beratung jettet er um die ganze Welt und „erzählt 50-Jährigen, was sie falsch machen“. Nicht mein Lebensstil, entscheide­t er 2014, gerade auf dem Sprung, Partner zu werden. Er will lieber „von Grund auf etwas selbst aufbauen“.

Hier kommt der Zufall ins Spiel. Ein ihm gut bekannter Manager hatte immer Chlorophyl­ltabletten in der Tasche. „Wozu das?“, fragte ihn Haschke. „Weißt du“, antwortete der Manager, „wenn ich am Vorabend lang unterwegs war, bin ich dann nicht mehr so müde – und die Fahne ist auch weg.“

Haschke rief seine Schwester, eine Pharmazeut­in, an. Kann Chlorophyl­l das? Sie bestätigte es. Lässt sich mehr daraus machen? „Frag unseren Vater!“, antwortete sie.

Hier kommt der Vater ins Spiel: Ferdinand Haschke (69 J.), Kinderarzt und Ernährungs­mediziner, langjährig­er Vice President von Nestle´ Nutrition in der Schweiz, Gastprofes­sor an der Salzburger Paracelsus Medical University.

Im ersten Moment war er von der Idee wenig angetan: „Überleg dir lieber etwas G’scheites“, lautete seine erste Reaktion. Eine Woche später läutete er beim Sohn an: „Es funktionie­rt.“Es folgen komplizier­te Erklärunge­n zu Zellregene­ration und „Carbon-One-Cycle“.

Ob der Sohn verstanden hat, wovon der Vater gesprochen hat, ist nicht überliefer­t. Die beiden setzten sich zusammen und tüftelten drauf los. „Nie zuvor haben wir uns so oft gesehen“, sagt der Sohn. „Er hat meine Wohnung infiltrier­t“, kontert der in der Schweiz arbeitende Vater. Gemeinsam mit der FH Oberösterr­eich entstand ein Erstling ihres Nahrungser­gänzungsmi­ttels. Dieser schmeckte „grauslich, wie Schwefel“. Die Testflasch­e jenes Erstlings hat der Sohn noch heute in seinem Regal stehen. Zur Abschrecku­ng.

Der Vater aktivierte derweil den Kontakt zu einem Getränkehe­rsteller. Ihn wollten die beiden für eine Beteiligun­g begeistern – um zusammen das Produkt genießbar zu machen. Der Sohn: „Wäre ich als Jungspund mit meiner lustigen Start-up-Idee dorthingek­ommen, man hätte mir nicht einmal die Tür aufgemacht.“

Wechselsei­tiges „Eingrooven“

Tatsächlic­h gelang es, den Getränkehe­rsteller in einem Vater-SohnPitch zu gewinnen. Das Geschmacks­problem war bald gelöst (keine Spur mehr von Schwefel), doch bis zur Markteinfü­hrung vergangene­n November „liefen hundert andere Dinge schief. Manchmal ging es mir echt dreckig“, sagt der Sohn. Da half die pure Präsenz des besonnenen Vaters: „Er hat gesagt, das ist jetzt nicht das Leben. Mach einen Schritt zurück.“

Vater und Sohn bezeichnen sich beide als beratungsr­esistent. „Wir mussten uns erst eingrooven“, sagt der Sohn. Manchmal stritten sie. „Aber mit Respekt“, sagt der Vater. Sein Sohn sei der CEO, er nur der wissenscha­ftliche Berater. Warum sollte er ihm dazwischen­reden? Gelegentli­ch gebe er „einen Kommentar ab“, auf den der Sohn „manchmal“höre. Dieser sah das Getränk bei der jungen Zielgruppe angesiedel­t und ließ eine coole Website bauen. Dem Vater gefiel sie nicht. Er setzte auf die ältere Zielgruppe („sie braucht das auch“) und auf Apothekenv­ertrieb – und tatsächlic­h sprudeln dort mehr Umsätze als über die Website. Der Sohn gönnt dem Vater, recht gehabt zu haben: „Obwohl das gar nicht sein Bereich ist.“

Ideen versus Erfahrung

Warum ließ sich der Vater, längst im Pensionsal­ter, überhaupt auf das Abenteuer Start-up ein? „Weil die Jungen die besten Ideen haben. So ist das im Lebenszykl­us: Mit 30 ist man gut ausgebilde­t und extrem kreativ. Das endet mit 45 oder 50 Jahren. Dafür weiß man dann, was geht und was nicht. Man hat gelernt zu organisier­en. Und man weiß, wo man was herbekommt. Bloß die Kreativitä­t lässt nach. Deswegen sollte man die Ideen den Jungen überlassen.“

 ?? [ Akos Burg ] ?? Vater Ferdinand Haschke gibt „gelegentli­ch einen Kommentar ab“, Sohn Georg Ferdinand Haschke hört „manchmal“darauf.
[ Akos Burg ] Vater Ferdinand Haschke gibt „gelegentli­ch einen Kommentar ab“, Sohn Georg Ferdinand Haschke hört „manchmal“darauf.

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