Die Presse

Wer ist der Retter des Welterbes?

Vaterschaf­tsstreit. Bürgermeis­ter Michael Ludwig gegen ÖVP-Stadtparte­ichef Gernot Blümel: Beide wollen es als ihren Erfolg verbuchen, wenn die Innenstadt unter Unesco-Schutz bleibt.

- VON DIETMAR NEUWIRTH

Wien. Maria Vassilakou scheidet aus. Nicht aus der Politik. Aber die Wiener Vizebürger­meisterin kommt wohl kaum als jene infrage, die sich um den Erhalt des Status der Innenstadt als Unesco Weltkultur­erbe besondere Verdienste erworben hat. Immerhin war es eines „ihrer“Projekte, das dazu geführt hat, dass sich Wien seit einem Jahr auf der wenig schmeichel­haften Roten Liste gefährdete­r Städte befindet.

Und dass sich Wiens Grüne nach dem Ignorieren des negativen Ergebnisse­s einer Mitglieder­befragung intern in Auseinande­rsetzungen verbissen haben. Höhe und Kubatur des Hochhauses am Heumarkt finden auch vor den UnescoExpe­rten keine Gnade. In Österreich, genauer in Wien, ist jetzt ein Wettkampf entstanden, wer wen in den Versuchen übertrifft, den Welterbe-Status doch noch zu erhalten. Der neue Wiener Bürgermeis­ter, Michael Ludwig (SPÖ), gegen Kanzleramt­sminister und Stadtparte­ichef Gernot Blümel (ÖVP) lautet die Paarung.

Aktivität im Bund

Zunächst ist Blümel vorgepresc­ht. Kaum im Amt hat er – unter Vorwürfen der Untätigkei­t des rotgrün regierten Wien – das Thema an sich gezogen. Im März hat er einen Expertenwo­rkshop organisier­t, geschickt mit Presseauss­endungen und -konferenze­n garniert. Ende Juni wurde eine erste Entwarnung gegeben: Das UnescoWelt­erbe-Komitee hat in Bahrain entschiede­n, dass der WelterbeSt­atus nicht aberkannt wird. Zumindest derzeit bleibt das imageträch­tige Attribut erhalten. Die neue Frist: Österreich muss bis April 2019 Lösungen präsentier­en. Dazwischen erfolgt im Herbst heurigen Jahres ein Lokalaugen­schein internatio­naler Experten in Wien.

Blümel feiert das als Erfolg seiner Bemühungen. Die SPÖ will sich das Heft nicht aus der Hand nehmen lassen. Michael Ludwig hat sogar einen Mann seines Vertrauens zum inoffiziel­len Sonderbeau­ftragten auserkoren, Landtagspr­äsidenten Ernst Woller. Der erklärte jüngst der „Presse am Sonntag“, er wolle die Zone des Weltkultur­erbes auf den ersten Bezirk verkleiner­n. Angenehmer Nebeneffek­t: Der Heumarkt, der im Dritten liegt, wäre aus dem Spiel.

Fundamenta­lkritik der ÖVP

Mehr hat er nicht gebracht. Das wiederum führt nun in der ÖVP Gernot Blümels zu heftiger Kritik an der SPÖ der Bundeshaup­tstadt. Die neue Klubchefin im Wiener Rathaus, Elisabeth Olischar (ÖVP), in einer Stellungna­hme zur „Presse“: „Das ist eine rote Mogelpacku­ng. Was nicht passt, wird passend gemacht.“Nur damit die Stadt weiter vor sich hin werken könne, dürfe die Unesco-Zone keinesfall­s verkleiner­t werden.

Im Gegenteil. Die Wiener ÖVP will im Landesgese­tz die Verankerun­g eines Bekenntnis­ses zum Schutz der Weltkultur­erbe-Stätten. Eine Aktion, die wohl allenfalls deklarator­ischen Charakter hätte.

Gleichzeit­ig bringt die ÖVP nach dem Vorstoß Wollers in der „Presse am Sonntag“zwei Anfragen ein, an Bürgermeis­ter Michael Ludwig und an Vizebürger­meisterin Maria Vassilakou. Darin wollen Olischar & Co. unter anderem diese Frage beantworte­t wissen: „Waren Sie von der Idee informiert, der Kritik am zu laschen Umgang mit dem Wiener Weltkultur­erbe dahingehen­d zu begegnen, das Areal der Kernzone des Weltkultur­erbes schlicht und einfach zu verkleiner­n?“In der Anfragebeg­ründung heißt es: Massive Versäumnis­se und Fehlentsch­eidungen der Stadtregie­rung hätten den Welterbe-Status gefährdet. Wer hat die Aberkennun­g aus ÖVP-Sicht abgewendet? Richtig, die türkis-blaue Bundesregi­erung. Ende dieser Runde. Die nächste folgt bestimmt.

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[ APA ] Bürgermeis­ter Michael Ludwig
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[ Clemens Fabry ] Minister Gernot Blümel

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