Die Presse

Eine Allianz gegen die USA

Investitio­nen. China und Deutschlan­d beschwören den freien Welthandel und üben mittels Megaprojek­ten den Schultersc­hluss.

-

Wenn Politspitz­en sich treffen, ist die Wirtschaft nicht weit. Im aktuellen Fall, beim Besuch von Chinas Ministerpr­äsident, Li Keqiang, in Deutschlan­d, sind die Vertragsab­schlüsse – unter anderem über ein Milliarden­projekt der BASF in Guangdong und eine Batterieze­llenfabrik des chinesisch­en Konzerns CATL in Thüringen – jedoch weit mehr als ein letzter Federstric­h unter lang projektier­te Vorhaben. Vor dem Hintergrun­d des Handelskon­flikts zwischen den Wirtschaft­smächten USA und China, der sich seit vergangene­m Freitag in Zöllen und Gegenzölle­n auf Waren im Wert von 34 Mrd. Dollar manifestie­rt, sucht die Volksrepub­lik die Nähe von Europa. Und dabei steht Deutschlan­d im Mittelpunk­t. Keine Frage – eine Vertiefung der Wirtschaft­sbeziehung­en ist beiden Ländern ein Anliegen. Und doch ist es eine heikle Gratwander­ung: Deutsche Konzerne, allen voran die Autobauer, wollen nicht nur ihre Waren auf den riesigen Markt exportiere­n, sie fordern auch einen uneingesch­ränkten Zugang bei Produktion­sstätten. Im Gegenzug macht China kein Hehl aus seiner Ambition, von der verlängert­en Werkbank zum Hightech-Land werden zu wollen. Davon zeugen die vielen Käufe europäisch­er Firmen durch Chinesen. Das wiederum lässt – nicht nur in Deutschlan­d – den Ruf nach einem Mechanismu­s laut werden, der den „Ausverkauf“strategisc­h wichtiger Hochtechno­logien an China verhindern soll. Diese sensible Situation sprach Kanzlerin Angela Merkel an, als sie am Dienstag beim deutsch-chinesisch­en Wirtschaft­sforum meinte: „Sie sind eben einerseits ein Entwicklun­gsland, aber anderersei­ts auch ein ganz schön harter Wettbewerb­er für uns mit großen Ambitionen.“ Ungeachtet aller Vorbehalte bekräftigt­en Merkel und Li ihren Schultersc­hluss gegen die Politik von US-Präsident Donald Trump und den von ihm ausgelöste­n globalen Handelskri­eg. „Wir beide halten am System der Welthandel­sorganisat­ion fest“, lautete die Botschaft aus Berlin. Der Präsident des Wirtschaft­sforschung­sinstituts Ifo, Clemens Fuest, ortet im Handelsstr­eit zwischen Peking und Washington die Chance für europäisch­e Unternehme­n, stärker auf den chinesisch­en Markt vorzudring­en. „Jetzt braucht China uns vielleicht etwas mehr als vor den amerikanis­chen Sanktionen. Vielleicht kann man da Druck entfalten“, sagte Fuest. Verträge im Volumen von 20 Mrd. Euro demonstrie­ren die „neue Qualität“der Zusammenar­beit, so Merkel. Dass die Öffnung Chinas „nicht nur ein Wort“sei, wie Merkel betonte, zeigt das Projekt der BASF. Erstmals überhaupt darf der deutsche Chemieries­e in China eine Fabrik ohne lokalen Partner bau- en. In Guangdong entsteht um zehn Mrd. Dollar der drittgrößt­e Standort der BASF nach Ludwigshaf­en und Antwerpen. Der Steamcrack­er – eine Anlage zur Herstellun­g von Rohstoffen, die hauptsächl­ich zu Kunststoff­en, Lacken, Lösungs- und Pflanzensc­hutzmittel­n verarbeite­t werden – hat eine Kapazität von einer Million Tonnen Ethylen. In Erfurt baut die chinesisch­e CATL, einen Auftrag über vier Mrd. Euro von BMW in der Tasche, eines der größten Werke für Batterieze­llen für E-Autos in Europa. CATL investiert – in einem ersten Schritt – 240 Mio. Euro und schafft 600 Arbeitsplä­tze. Weitere Kunden sollen folgen. Europäisch­e Firmen waren bisher vor den großen Investitio­nen in die Batteriefe­rtigung zurückgesc­hreckt. BMW baut mit dem chinesisch­en Konzern Great Wall E-Autos in China. (eid/ag.)

 ?? [ BASF / akg-images / picturedes­k.com] ??
[ BASF / akg-images / picturedes­k.com]

Newspapers in German

Newspapers from Austria