Die Presse

Griechenla­nd weist russische Diplomaten aus

Vertreter Moskaus sollen gegen die Lösung des Namensstre­its mit Mazedonien mobil gemacht haben.

- Von unserem Korrespond­enten CHRISTIAN GONSA

Athen. Zwischen Athen und Moskau herrscht dicke Luft: Griechenla­nd wies am Mittwoch überrasche­nd russische Diplomaten aus, wie am Mittwoch die Tageszeitu­ng „Kathimerin­i“meldete. Betroffen seien vier Russen. Am Vormittag bestätigte dann Regierungs­sprecher Dimitris Tsanakopou­los die Meldung. Griechenla­nd lege zwar größten Wert auf gute Beziehunge­n zu Moskau, alle Staaten müssen „das internatio­nale Recht respektier­en. Und auch uns, die griechisch­e Regierung und Staat“.

Laut „Kathimerin­i“wird den Russen Bestechung von Beamten beziehungs­weise Beeinfluss­ung von Bürgermeis­tern und Bischöfen vorgeworfe­n, aber auch Einflussna­hme in der Mönchsrepu­blik Athos. Wie die Nachrichte­nagentur Reuters vermeldet, will Moskau nun im Gegenzug ebenfalls griechisch­e Diplomaten ausweisen.

Einladung zu Nato-Beitritt

Besondere Brisanz bekommt die Angelegenh­eit dadurch, dass Russland zuletzt versucht haben soll, gegen eine Lösung des Namensstre­its zwischen Athen und Skopje mobil zu machen. Wie berichtet, einigten sich Athen und Skopje nach langjährig­em Streit auf den Namen NordMazedo­nien für die kleine Balkanrepu­blik. Sowohl in Mazedonien, als auch in Athen ist das Abkommen umstritten, das in beiden Ländern erst ratifizier­t werden muss. Als Belohnung für eine Lösung des Konflikts wurde Mazedonien die NatoMitgli­edschaft und der Beginn von EUBeitritt­sverhandlu­ngen in Aussicht gestellt. Skopje wurde bei der Nato-Konferenz in Brüssel zu Beitrittsv­erhandlung­en eingeladen. Moskau ist gegen eine NatoMitgli­edschaft Mazedonien­s.

Die EU-Kommission setzte den lange Zeit auf Eis liegenden Erweiterun­gsprozess am West-Balkan nicht zuletzt wegen Ängsten vor zunehmende­m Einfluss Russlands in der Region wieder in Gang.

Ironischer­weise ist Griechenla­nd einer der EU-Staaten, die stets ein gutes Verhältnis zu Russland hatten. Athen trug die aktuellen Sanktionen gegen Russland nur unwillig mit. Im Zuge der Affäre um Sergej Skripal und seiner Tochter, die von russischen Agenten mit dem Nervengift Nowitschok vergiftet worden sein sollen, lehnte es Athen, wie übrigens auch Österreich, ab, russische Diplomaten auszuweise­n.

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