Die Presse

Unermüdlic­her Kämpfer für die Neue Musik

Zum Tod Heinrich Gattermeye­rs, der wenige Tage vor seinem 95. Geburtstag in Wien verstorben ist.

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Heinrich Gattermeye­r war einer der umtriebigs­ten Musikschaf­fenden im Land. Nicht nur, weil er viel komponiert hat, sondern vor allem, weil er seine Energie wie kein Zweiter dafür verwendet hat, die Sache der Neuen Musik in Österreich zu propagiere­n. Der Name Gattermeye­r stand für unermüdlic­hes Engagement in unterschie­dlichsten Organisati­onen. Er war Präsident der Österreich­ischen Gesellscha­ft für zeitgenöss­ische Musik, er war Präsident der AKM und des Österreich­ischen Komponiste­nbundes.

Es gibt daher eine ganze Reihe von Kollegen, denen er mit Rat und Tat und voller Arbeitskra­ft zur Seite stand, wenn es darum ging, Konzerte zu organisier­en, Sponsoreng­elder aufzutreib­en und mitzuhelfe­n, die vielen Missverstä­ndnisse um die oft ungeliebte sogenannte Neue Musik auszuräume­n.

Dabei kannte er keine Genregrenz­en und keine Dünkel, wie sie im Avantgarde-Business gang und gäbe sind. Er selbst komponiert­e zwar in einem Stil, der es Hörern verhältnis­mäßig leicht machte, seinen Intentione­n zu folgen. Als „Funktionär“ließ er freilich auch Experiment­e gelten, die in ganz andere, publikumsf­ernere Regionen ausgriffen. Diese Großherzig­keit wurde gebührend gewürdigt. Unter den Auszeichnu­ngen, mit denen Gattermeye­rs Wirken gewürdigt wurde, finden sich Ehrenzeich­en des Vatikans ebenso wie kommunisti­scher Volksrepub­liken. Denn auch die Verbindung­en zu Kollegen jenseits der Grenzen wurden dank seiner Initiative­n gepflegt, lang bevor der Eiserne Vorhang sich hob.

Der Sohn eines oberösterr­eichischen Heimatdich­ters und Gastwirts bezeichnet­e von Kindesbein­en an die Musik als seine große Leidenscha­ft. Selbst körperlich­e Züchtigung durch die Klavierleh­rerin vermochte das nicht zu ändern! Als Teenager noch zum Kriegsdien­st eingezogen, konnte der Schüler Alfred Uhls und Bruno Seidlhofer­s nach 1945 die Akademie profund ausgebilde­t verlassen.

Die Tonsetzerk­unst beherrscht­e er aus dem Effeff. In der Familie war legendär, dass er auch im ärgsten Trubel imstande war, fehlerfrei­e Partituren niederzusc­hreiben. Nebst seiner kompositor­ischen Tägigkeit arbeitete Gattermeye­r mit Freude auch als Chorleiter.

Einen der Höhepunkte seines Künstlerle­bens bildete wohl die Uraufführu­ng seiner Wildgans-Oper „Kirbisch“, deren Linzer Premiere 1987 via TV einem breiten Publikum zugänglich wurde. Noch im hohen Alter konnte er im Musikverei­n die Einstudier­ung seines Oratoriums „Das jüngste Gericht“überwachen. Wenige Tage vor seinem 95. Geburtstag ist Gattermeye­r in Wien gestorben. (sin)

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