Eine Schnapsidee wird an die andere gereiht
Aber es gibt zwei Gefahrenquellen: Wer sich ein Projekt lieber heute als morgen umgesetzt wünscht, dem zählen die in weiterer Zukunft liegenden Nutzen (und Kosten) weniger als diejenigen, die sofort anfallen. Wenn diese interne Verzinsung eines Vorhabens den Wünschen der Beteiligten und nicht den objektiven Gegebenheiten entsprechend gewählt wird, wird das Projekt in seiner Nettowirkung letztlich „manipuliert“.
Die zweite Gefahrenquelle ist die der gesetzlich ermöglichten Prozeduren: indem man ein objektiv haltbares Ergebnis für ein Projekt anzweifelt, um es zu Fall zu bringen, weil es den eigenen Präferenzen nicht entspricht. Aber das ist problematisch, weil es fast nichts auf diesem Planeten gibt, was einstimmige Zustimmung erfahren würde. Und es sei darauf hingewiesen, dass die wichtigste Tugend in einer funktionierenden Demokratie die ist, als Unterlegene eben nicht gleich rabiat zu werden. „Regierung rudert bei Asylverschärfung zurück“, von O. Grimm, 11. 7. Die österreichische Asyl- und Migrationspolitik erschöpft sich seit Jahren darin, eine Schnapsidee an die andere zu fügen, ohne zu berücksichtigen, dass das nur ein Kampf gegen Windmühlen sein kann. Denn sie können rund um Österreich Polizisten und Soldaten aufstellen, die einander die Hände reichen – die Flüchtlinge werden trotzdem unter deren Armen durchkriechen, wenn sie der Hunger treibt und sie in der Heimat keine Möglichkeit mehr sehen, ihn zu stillen. Europa zu einer Festung ausbauen zu wollen, wie es der türkis-blauen Koalition unter Kurz und Strache als Lösung vorschwebt, heißt schon deshalb, einer Fata Morgana nachzulaufen.
Die Lösung kann daher nur in einer Art Marshall-Plan für Afrika liegen. Um einen solchen verwirklichen zu können, fehlen aber die Politiker, die ein solches Vorhaben durchzusetzen imstande wären. Heutzutage bevölkern über weite Strecken Sprechblasenproduzenten die politischen Bühnen Europas. Innenminister Kickl ist einer von ihnen. Mit seiner höchst eigenartigen Auslegung des Asylrechts, das er auf Nachbarstaaten beschränkt, hat er einen vorläufigen Höhepunkt seiner an Bocksprüngen nicht armen Zeit als Innenminister gesetzt.