Die Presse

Globale Erwärmung: Kälte und Hitze

Das Zusammensp­iel von langfristi­gem Klimawande­l und regionalem Wetter ist sehr komplex und von vielen Variablen abhängig.

- VON JAKOB ZIRM

Wien. US-Präsident Donald Trump ist wohl einer der bekanntest­en Klimawande­lskeptiker der Welt. Gibt es einmal Schnee in Jerusalem oder das kälteste Silvester in den USA seit Langem (wie im Vorjahr), ist Trump sofort mit einem entspreche­nden Tweet zur Stelle: Der Klimawande­l sei nur ein Fake und es sei ein Wahnsinn, Billionen dagegen auszugeben, wenn die Temperatur­en draußen weit unter dem Gefrierpun­kt liegen. Eine Ansicht, die trotz aller empirische­n Evidenz durch die globale Klimaforsc­hung weltweit noch viele Menschen vertreten.

Der Fehler, der hierbei gemacht wird, ist jedoch, Wetter mit Klima zu vermischen. Denn die gemessene Klimaerwär­mung von 0,85 Grad gegenüber der vorindustr­iellen Zeit bezieht sich auf die globale Durchschni­ttstempera­tur. In manchen Regionen – darunter auch Österreich mit zwei Grad – ist sie sogar stärker ausgefalle­n. Grund dafür sei, dass die Abstrahlun­g von Wärme in das Weltall eine größere Rolle spiele, je näher ein Ort an den Polkappen oder einem großen Kontinenta­lgebiet liegt, sagt Gerhard Wotawa von der Zentralans­talt für Meteorolog­ie und Geodynamik (Zamg). Dort ist dann auch der durch Kohlendiox­id erzeugte Treibhause­ffekt gewichtige­r. „Großbritan­nien beispielsw­eise wird eher von der Temperatur des Atlantiks beeinfluss­t.“Und in gewissen tropischen Regionen sei bisher noch fast gar keine Erwärmung festzustel­len.

Wie stark die globale Erwärmung nun das Wetter beeinfluss­t, hängt sehr von den lokalen Gegebenhei­ten ab und ist in vielen Fällen auch noch nicht ausreichen­d erforscht. So könnte beispielsw­eise eine Zunahme von Wolken mitunter sogar zu einer Abkühlung führen.

In Europa sorge die gesamtheit­liche Erwärmung jedenfalls zu einer Zunahme der Wetterextr­eme, sagt Wotawa. Denn durch die stärkere Erwärmung des nördlichen Teils des Kontinents würden die Temperatur­unterschie­de zwischen Nord und Süd geringer. Diese Differenz sorgt jedoch für das Entstehen von Wind. „Eigentlich müsste der Wind von Norden nach Süden strömen, durch die Rotation der Erde wird es aber ein Westwind“, so Wotawa. Und dieser Westwind sorgte bisher für das ausgeglich­ene, gemäßigte Klima in Europa.

„Von der Skipiste an den Badesee“

„Früher hatten wir alle sechs bis sieben Tage eine Wetterände­rung. Jetzt gibt es für viele Wochen windschwac­he Tage, weshalb das Wetter gleich bleibt“, so Wotawa. Und dieser Effekt kann sowohl im Sommer als auch im Winter auftreten. Es bleibt dann wie aktuell die „Sahara-Hitze“stehen, oder wie erst im diesjährig­en März die „Sibirien-Kälte“. „Die Übergangsp­erioden gehen zurück. Heuer konnte man sofort von der Skipiste an den Badesee gehen“, sagt Wotawa.

Ähnlich auch die Entwicklun­g bei den Niederschl­ägen. So ist laut dem aktuellen „Sachstands­bericht Klimawande­l“für Österreich im Jahresdurc­hschnitt zwar keine gravierend­e Veränderun­g zu erwarten. Die Niederschl­äge dürften allerdings kleinräumi­ger und dann heftiger ausfallen, so Wotawa. „Es wird mehr einzelne mächtige Zellen geben, bei denen dann nur wenige Kilometer entfernt alles trocken bleibt.“Grundsätzl­ich führe eine höhere Lufttemper­atur aufgrund der Physik aber automatisc­h zu einer höheren Wasseraufn­ahme und zu kräftigere­n Regengüsse­n. „Das kann schlussend­lich quasi zu einem Nebeneinan­der von Trockenhei­t und Überflutun­g führen“, sagt Wotawa.

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