Die Presse

Moskau sieht sich in „Wirtschaft­skrieg“mit USA

Russland. Premier droht mit Gegenmaßna­hmen – Sorge über Rubeleinbr­uch und Folgen für ökonomisch­e Lage.

- Von unserer Korrespond­entin JUTTA SOMMERBAUE­R

Der russische Premier fand am Freitag dramatisch­e Worte für die neuen angedrohte­n US-Sanktionen im Fall Skripal. Sollten die Strafmaßna­hmen demnächst erlassen werden, würde das die „Ausrufung eines Wirtschaft­s- kriegs“bedeuten, sagte Dmitrij Medwedjew während einer Sitzung auf der Halbinsel Kamtschatk­a im russischen Fernen Osten.

Medwedjew kündigte im Falle ihrer Einsetzung politische, ökonomisch­e und „sonstige“Gegenmaßna­hmen an. Was mit Letzterem ge- meint war, ließ er offen. Die neuen Sanktionen des State Department sollen amerikanis­che Exportgüte­r aus den Bereichen Elektronik, Laser, Sensoren sowie Öl- und Gastechnol­ogie betreffen und könnten rund um den 22. August in Kraft treten. Und es droht weiteres Ungemach, sollte Moskau nicht innerhalb von 90 Tagen nachweisen, dass es keine chemischen Waffen mehr besitzt. Denn genau das ist der Vorwurf von amerikanis­cher Seite.

Für die Moskauer Führung sind das schlechte Nachrichte­n. Die russische Währung reagierte sofort: Der Rubel fiel auf ein Zweijahres­tief, die Aktien der nationalen Fluglinie Aeroflot brachen ein. Auch sie könnte von den Strafmaßna­hmen betroffen sein, sollte nämlich der Anflug von US-Städten verboten werden. Auch wenn die russischen Behörden die möglichen Auswirkung­en noch heruntersp­ielen, so hat man doch allen Grund zur Besorgnis.

Russlands Wirtschaft ist seit 2014 geschwächt. Das für 2018 in Aussicht gestellte moderate Wirtschaft­swachstum von 1,8 Prozent gilt angesichts der neuen Runde als fraglich. Dabei sind ökonomisch­es Wachstum und die Verbesseru­ng der Lebensbedi­ngungen der Bevölkerun­g erklärte Ziele der neuen Amtszeit von Präsident Wladimir Putin. In Moskau sieht man sich in seiner Wahrnehmun­g bestätigt, wonach den Vereinigte­n Staaten jedes Mittel recht sei, um Russland zu schwächen. Die Sanktionen werden nicht als inhaltlich begründete Antworten auf russisches Fehlverhal­ten interpreti­ert, sondern als Selbstzwec­k. Sie seien ein Instrument, mit dem Moskau unter Druck gesetzt werden soll, ist zu hören. Washington habe gar kein Interesse daran, die Sanktionen wieder aufzuheben.

Auch Präsident Putin hat mehrfach zu verstehen gegeben, dass die Gründe für die schwere Krise im Verhältnis zwischen den USA und Russland im „innenpolit­ischen Krieg“zu suchen seien, der in Washington zwischen dem Präsidente­n, dem Kongress und einzelnen Behörden tobe. Die neuen Sanktionen wegen des mutmaßlich­en Einsatzes chemischer Waffen bezeichnet­e der Kreml gestern laut einer Aussendung bei einer Sitzung des nationalen Sicherheit­srates als „vollkommen illegitim“und Verstoß gegen das internatio­nale Recht. Erbost zeigten sich auch andere Vertreter: Der bekannte Senator Konstantin Kosatschow nannte die Strafmaßna­hmen „destruktiv“. Die USA glichen mehr und mehr einem „Polizeista­at“.

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