Die Presse

Sebastian Bezzel als Eberhofer: Eine Sozialstud­ie als Klamauk

Film. Sebastian Bezzel über seine Paraderoll­e, warum die Leute das Provinziel­le so lieben – und woran er in Hamburger Kneipen Österreich­er erkennt.

- VON CHRISTINE IMLINGER

Der Franz Eberhofer, oder Eberhofer Franz, wie es in den Filmen heißt, muss aus dem niederbaye­rischen Dorf in die verachtete Stadt. Die Freundin will heiraten und Kinder, die Obrigkeite­n der Polizei nerven den Provinz-Sheriff furchtbar, vor allem, als ein totes Au-pair-Mädchen auftaucht, aber der Mord ist ohnehin Nebensache, und dann gibt es da auch noch Witze über Sauerkraut und dessen Effekte auf den Stoffwechs­el.

Mit „Sauerkraut­koma“kommt bereits die fünfte Filmadapti­on der Krimis von Erfolgsaut­orin Rita Falk ins Kino. Und das, was nach stumpfem Klamauk klingt, hat als herrlich schwarzhum­orige Parodie der üblichen Landkrimis Kultstatus erreicht. Sebastian Bezzel spielt nun, neben Simon Schwarz, Nora Waldstätte­n oder Enzi Fuchs, wieder die Hauptrolle des Polizisten, jüngst kam er zur Premiere nach Wien. Denn langsam werden die Filme auch außerhalb der WeißwurstR­egion zum Kult.

Auch wenn sich die Reaktionen unterschei­den, wie Bezzel beim Interview erzählt: Die Trennlinie läuft nicht zwischen Österreich und Deutschlan­d – eher zwischen Bayern und dem übrigen Deutschlan­d, und zwischen Ostösterre­ich und bayerische­m Einflussge­biet noch einmal. „Wenn wir bei Premieren in Salzburg oder Wels sind, kommen wie in Bayern nachher die Leute, sagen: ,Hey, Franz, wo hast die Susi gelassen?‘ Oder: ,Eberhofer, hock dich her, trink a Bier.‘ Die Leute sehen einen eher noch in der Rolle, das ist entzückend. In Hamburg kommen dann so Fragen wie ,Wer hat denn die Filmmusik gemacht, wie war diese und jede Kameraeins­tellung?‘, so Kinotechni­sches. Wien ist wieder ein Sonderfall, das liegt dazwischen.“

Er, gebürtiger Bayer, lebt seit einigen Jahren in Hamburg, dort rede ihn niemand als Eberhofer an. „Wenn ich in der Strandperl­e, einer Kneipe am Elbstrand, sitze, und da kommt einer und sagt, hey Franz, weiß ich, der kommt aus Bayern oder Österreich.“Bei früheren Rollen, dem Ermittler im „Tatort“oder der Krimiserie „Abschnitt 40“, war das anders, da hat ihn niemand in der Rolle gesehen. In Bayern ist er mittlerwei­le untrennbar damit verbunden, trotzdem oder auch deswegen kommt er gern in seine alte Heimat. Erst vor ein paar Tagen etwa, als am Drehort, einem Kreisverke­hr im Örtchen Frontenhau­sen, der Eberhofer-Kreisel samt Eberhofer-Figur er- öffnet wurde. Die Eberhofer-Krimis schließen an Serien wie „RosenheimC­ops“oder den „Bullen von Tölz“an – bloß, dass es in Tölz statt Kreisverke­hr einen Bullen-Brunnen gibt.

Wie er sich den Hype um die Provinzkri­mis erklärt? „Das sind keine klassische­n Krimis, das sind Komödien und Sozialstud­ien. Es ist auch nicht nur komisch, der Eberhofer ist eine absolute Realitätsf­igur, er lebt absolut in der Gegenwart, das ist interessan­t. Und es gibt eine traurige, sehr melancholi­sche Seite.“Vor allem aber hält er die Filme für „schön altmodisch, das Provinziel­le mögen die Leute gern. In der Provinz liegt noch mehr Unterschie­d als in der Großstadt, da sind die Innen-

wurde 1971 in GarmischPa­rtenkirche­n geboren, er hat die Bayerische Theateraka­demie August Everding absolviert und war in Bühnenroll­en am Bayerische­n Staatsscha­uspiel zu sehen. Bekannt wurde Bezzel vor allem durch den „Tatort Konstanz“. Seit 2013 spielt er den Provinzpol­izisten Franz Eberhofer in den Krimis nach den Erfolgsrom­anen von Rita Falk. Bezzel lebt mit Frau, Schauspiel­erin Johanna Christine Gehlen, und Kindern in Hamburg. Der jüngste Film, „Sauerkraut­koma“, läuft seit Donnerstag in den heimischen Kinos. städte alle gleich, gleichgema­cht in ganz Europa. Auf dem Land hinkt man dem hinterher. Und natürlich mögen die Leute die Typen. Oft sagen Leute, so einen wie den Eberhofer oder den Simmerl, den kenn ich auch. Die Rita Falk hat da ein Händchen.“

Fehlen ihm in Hamburg diese Typen, das bayerische Dorfleben mit all seinen Klischees, die in den Filmen ins Bizarre überzeichn­et werden? „Nein, ich lebe lieber in der Großstadt. Ich könnte mir vorstellen, so zwei, drei Monate im Jahr richtig aufs Land zu gehen, zum Runterkomm­en, in eine ganz kleine Ortschaft, das ist toll. Aber ich komme aus einer Kleinstadt, Garmisch, das vermisse ich wirklich nicht. Grundsätzl­ich bin ich lieber in der Großstadt.“

Und dort, außerhalb Bayerns, schaut er, dass er jedes Jahr ein paar andere Filme als die Bayern-Krimis dreht, damit Eberhofer und Bezzel nicht zu sehr eins werden. Zwei ARDFernseh­komödien sind aktuell abgedreht, ein zweiter Kinofilm, „Safari“, eine Dating-App-Komödie, läuft ab Ende August in den Kinos. Und im Herbst wird dann der nächste Eberhofer-Krimi gedreht: „Leberkäsju­nkie“. Der Name ist hier wieder Programm.

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