Vielfalt und Widerstandsfähigkeit im Wechselspiel
Unsere Zeit ist geprägt von raschem, kontinuierlichem Wandel. Vor welche Chancen und Herausforderungen das Gesellschaften stellt, wird heuer beim Forum Alpbach in Tirol mit Fokus auf Diversität und Resilienz diskutiert.
Cyborgs, Gentherapie, globale Machtverschiebungen, Antidiskriminierungsrecht, Datenökonomie, ethisches Finanzieren – das Programm des Europäischen Forums Alpbach stellt sich auch heuer wieder vielen großen Fragen der Zeit. Ab kommendem Mittwoch, 15. August, ist es erneut so weit, und das kleine Tiroler Bergdorf verwandelt sich zum 74. Mal für zwei Wochen zum Treffpunkt für Gäste aus aller Welt. Rund 5000 Personen – Vortragende, Teilnehmer und Stipendiaten – aus insgesamt 100 Nationen werden diesmal erwartet.
Das diesjährige Motto des Forums Alpbach lautet – etwas sperrig, wie Forums-Präsident Franz Fischler bei der Programmpräsentation im Frühjahr selbst formulierte – „Diversität und Resilienz“. In rund 200 Veranstaltungen be- leuchten Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Kultur und Zivilgesellschaft die beiden Schlagwörter in ihrem Spannungsverhältnis: Ausgangspunkt ist die Tatsache, dass die heutige Zeit massiv von einem raschen Wandel geprägt ist. Die Art, wie wir leben, denken und arbeiten, verändert sich permanent. Das bringt eine Vielzahl an neuen Herausforderungen mit sich, die innovative Lösungskonzepte verlangt. Diversität kann dabei eine Chance sein. Sie wirkt sich positiv auf die Resilienz, also auf die Widerstandsfähigkeit, Robustheit und Innovationsfähigkeit von Gesellschaft, Kultur, Umwelt und Wirtschaft aus. Zugleich überfordert Vielfalt möglicherweise auch und führt zu Krisen. Wie soll man damit umgehen?
Das Alpbacher Programm gliedert sich in eine Seminarwoche, die Auftakt und wissenschaftliches Herzstück der Tagung ist, die TirolTage, die ganz im Zeichen von Naturgefahren und deren Manage- ment stehen, sowie in thematisch zusammengefasste Schwerpunktgespräche. Während Letztgenannter finden Diskussionen und Vorträge zu Gesundheit, Technologie, Politik, Recht, Finanzmarkt und Wirtschaft statt.
Die Technologiegespräche etwa nähern sich dem Tagungsmotto aus der Perspektive einer digitalisierten Welt, in der Big Data und künstliche Intelligenz völlig neue Voraussetzungen schaffen, an. In den Gesundheitsgesprächen wiederum liegen die Schwerpunkte auf den demografischen Veränderungen in Europa sowie auf der Diversität der Patienten und Patientinnen. Die Hochschulgespräche entfallen heuer. Unter dem Titel „Alpbach extra“widmet sich allerdings das Fachhochschulforum der Bedeutung der Hochschulen für die Resilienz in den Regionen.
Eröffnungsredner des Forums ist US-Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz. Parallel dazu stehen auch heuer Kunst- und Kulturgenuss, etwa von Deborah Sengl, Ayad Akhtar und Wolfgang Stras- ser, auf dem Programm. Dieser in diesem Jahr besonders umfangreiche Schwerpunkt soll deutlich machen, dass Künstler nicht selten Seismografen für gesellschaftliche Veränderungen sind.
Ein neues Veranstaltungsformat ist der „Tag der Begegnungen“. Dabei fungiert der designierte Burgtheater-Direktor, Martin Kusej,ˇ als Gastgeber und diskutiert u. a. mit dem Schriftsteller Ayad Akhtar, dem Perkussionisten Martin Grubinger und der Schauspielerin Amira Casar über den Stellenwert von Kunst in der europäischen Gesellschaft. Damit werde bewusst versucht, einen Tag der Nachdenklichkeit und eine reflektive Atmosphäre zu erzeugen, sagte Fischler dazu. Ein Trostpflaster für alle, die nicht dabei sein können, aber gerne dabei wären: Die Diskussionen aus dem Congress Centrum in Alpbach werden via Livestream übertragen. (cog/APA)