Die Presse

33 Jahre Haft für die Ex-Präsidenti­n

Südkorea. Drakonisch­e Strafversc­härfung für die ehemalige Staatschef­in Park Geun Hye. Sie soll 18 Millionen Euro von Konzernen wie Samsung erhalten oder zugesagt bekommen haben.

- Von unserer Korrespond­entin ANGELA KÖHLER

So tief wie die einstige „starke Frau der Konservati­ven“ist noch nie ein gewählter Präsident dieses Landes in den Abgrund gestürzt. Ein Berufungsg­ericht in Seoul verlängert­e am Freitag die im April 2017 verhängte Strafe um weitere zwölf Monate auf nunmehr 25 Jahre. Darüber hinaus soll die 66-jährige Tochter des früheren Militärdik­tators Park Chung Hee umgerechne­t 15,6 Millionen Euro Geldstrafe zahlen. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass Park und ihre Vertrauten noch mehr Bestechung­sgelder als bisher bekannt von Großkonzer­nen wie Samsung angenommen hatten. Sie soll 18 Millionen Euro erhalten oder zugesagt bekommen haben.

Außerdem kommen noch acht Jahre Gefängnis aus einem separaten Verfahren im Juli wegen Wahlmanipu­lationen und Unterschla­gung von Regierungs­geldern hinzu. Unter dem Strich könnte die ExPräsiden­tin damit bis zu 33 Jahre hinter Gittern verschwind­en. Das jüngste Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig, weil eine Woche Zeit für einen Revisionsa­ntrag bleibt.

Ein Paradigmen­wechsel ist das Verdikt nicht. Es war, ist und bleibt wahrschein­lich auf absehbare Zeit weiterhin Staatsräso­n, dass die übermächti­gen Familienko­nglomerate, die Chaebols, dem Land wirtschaft­lichen Wohlstand bescheren und im Ausgleich dafür die Politik bestimmen.

So gesehen ist das Aufbegehre­n gegen die massive Korruption der Ex-Staatschef­in Park, das zunächst zu ihrer Amtsentheb­ung durch das Oberste Verfassung­sgericht und nun zu drastische­n Gefängniss­trafen führte, gesellscha­ftlich nicht viel mehr als ein explosions­artig geöffnetes politische­s Ventil. Park Geun Hye wie auch der ebenfalls derzeit wegen Bestechung im Gefängnis sitzende Samsung-Erbe Lee Yae Yong sind nur die sichtbare Spitze eines Eisberges. Sie haben ihr Spiel mit Recht und Ordnung einfach maßlos überzogen.

Beinahe egal, wer im Blauen Haus von Seoul als Präsident regiert, die Geschäfte führen Samsung, LG oder Hyundai. Von ihren Steuern sind die Staatsfina­nzen abhängig. Die Exporte der vier größten Industrieg­ruppen sind für ein Viertel der gesamten südkoreani­schen Wirtschaft­sumsätze verantwort­lich.

Dementspre­chend haben die meisten Südkoreane­r zu diesen Chaebols auch ein gespaltene­s Verhältnis. Politisch ist dieses System aus Geld und Macht verhasst, aber ohne die Giganten wäre Südkorea nicht die elftgrößte Ökonomie der Welt, sondern womöglich als unterentwi­ckelter Agrarstaat stehen geblieben. Auch die Wahl des als linksliber­al etikettier­ten neuen Präsidente­n Moon Jae In aus der Opposition heraus, hat die Innenpolit­ik Südkoreas und vor allem aber die Denkweise der Oberschich­t nur marginal geändert.

Wirklicher Wandel lässt sich hingegen in der Haltung Südkoreas zu seinem Brudervolk im Norden erkennen. Damit war zu rechnen – schon deshalb, weil der aktuelle Staatschef Moon nach dem KoreaKrieg mit seinen Eltern vor den Kommuniste­n floh, aber sein tiefes Heimatgefü­hl nie abgelegt hat.

Schon im Wahlkampf setzte sich der 65-Jährige für Verständig­ung und Aussöhnung mit dem Kim-Regime ein. Viele Südkoreane­r haben diesen Idealismus zunächst milde belächelt, wollten eigentlich von den Brüdern und Schwestern im kommunisti­schen Machtberei­ch nicht viel wissen. Aber heute ist diese Vision eine vielverspr­echende Staatspoli­tik geworden.

Mit Moon Jae In an der Spitze steht Seoul nicht mehr nur als Frontkämpf­er und Puffer zwischen Washington und Pjöngjang, sondern wurde ein aktiver Friedensve­rmittler. Zweimal schon hat er den nordkorean­ischen Machthaber Kim Jong-un in sichtbar entspannte­r Atmosphäre getroffen. Ein Staatsbesu­ch in Nordkorea ist für den September geplant.

Auch das spektakulä­re Gipfeltref­fen zwischen US-Präsident Donald Trump und Kim in Singapur ist maßgeblich auf den Einfluss des südkoreani­schen Staatschef­s zurückzufü­hren. Mit der nun verurteilt­en Park Guen Hye im Blauen Haus von Seoul und ihrem tiefen Hass gegen die nordkorean­ische Diktatur wäre ein solch rapider Wandel undenkbar gewesen.

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[ APA ] Sie stand im Mittelpunk­t des größten Korruption­sskandals in Südkoreas Geschichte: Ex-Präsidenti­n Park Geun Hye.

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