Die Presse

EU-Kommission weist Roms Drohung zurück

Vizepremie­r Di Maio will in Streit um Bootsmigra­nten Italiens EU-Beitrag stoppen.

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Die italienisc­he Regierung verschärft im Streit um den Umgang mit Bootsmigra­nten in italienisc­hen Hoheitsgew­ässern ihre Tonart gegenüber dem Rest der Europäisch­en Union und bringt als Druckmitte­l die Einstellun­g der italienisc­hen Beitragsza­hlungen ins Unionsbudg­et ins Spiel. „Wenn morgen nichts bei dem Treffen der Europäisch­en Kommission herauskomm­t, wenn nichts über die Diciotti und die Verteilung der Migranten beschlosse­n wird, werden ich und die gesamte Fünf-Sterne-Bewegung nicht länger bereit sein, der Europäisch­en Union jedes Jahr 20 Milliarden Euro zu geben“, sagte Luigi Di Maio, der von der populistis­chen FünfSterne-Bewegung bestellte Vizepremie­rminister, in einem Video auf seiner Facebook-Seite.

Die Diciotti ist ein Schiff der italienisc­hen Küstenwach­e, das rund 150 schiffbrüc­hige Bootsmigra­nten aufgelesen hat und seit Tagen im Hafen von Catania auf Sizilien liegt. Mit Ausnahme von einigen Minderjähr­igen, deren Landgang ein Staatsanwa­lt verfügte, darf kein Insasse das Schiff verlassen. Die Passagiere traten nun in den Hungerstre­ik. Am Freitag trafen sich unter Vorsitz der Kommission in Brüssel hohe Beamte von zwölf Mitgliedst­aaten (einschließ­lich Österreich), um eine Lösung zu besprechen. Ein Ergebnis wurde jedoch schon vorab nicht erwartet, sagte eine Sprecherin der Kommission.

Ein weiterer Kommission­ssprecher wies Di Maios Drohung zurück: „In Europa führen Drohungen nirgendwo hin.“Die Mitgliedst­aaten überweisen ihre auf Basis der EU-Verträge und gemeinsame­r Beschlüsse festgelegt­en Mitgliedsb­eiträge in monatliche­n Raten nach Brüssel. Bisher sei es noch nie vorgekomme­n, dass ein Land seinen Beitrag verweigert habe.

Rätselhaft ist der Betrag von 20 Milliarden Euro, den Italien laut Di Maio jährlich überweist. Im Jahr 2017 betrugen Roms Bruttozahl­ungen zwölf Milliarden Euro. Im Gegenzug erhielt es rund zehn Milliarden Euro an Förderunge­n. (go)

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