Rache und Selbstjustiz: Genugtuung um jeden Preis?
Der Film „Three Billboards“kokettiert mit einer Fantasie, die niemanden kaltzulassen scheint.
Es
gibt da diese Szene in „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“, dem Oscar-gekrönten Drama von Regisseur Martin McDonagh, der immer noch in einigen Kinos läuft. Die beiden Hauptdarsteller, Frances McDormand und Sam Rockwell, sitzen im Auto auf dem Weg zu einem amerikanischen Soldaten, der während eines Auslandsaufenthalts ein Mädchen vergewaltigt und getötet haben dürfte. Es wird angedeutet, dass die beiden ihn umbringen werden.
Denn die Tochter von McDormands Filmfigur, Mildred, wurde ebenfalls vergewaltigt und ermordet. Da aber dieser Täter unauffindbar ist, will sie jemand anderen töten, der das Gleiche getan hat. Quasi als indirekte Vergeltung für ihre Tochter. In einer früheren Szene des Films wird diese Vorgehensweise mit einer nüchternen Interpretation eines umstrittenen amerikanischen Gesetzes rund um Gangmitglieder moralisch gerechtfertigt. Selbstjustiz, Rache und eine Form von Sippenhaftung als Happy End also. Und als Belohnung gibt es auch noch einen Oscar. Was ist nur mit Hollywood los?
In den USA hat dieses Thema jedenfalls einen Nerv getroffen und nach dem Kinostart Ende 2017 eine kontroverse öffentliche Debatte ausgelöst. Irgendwie scheint die Fantasie, jemanden stellvertretend für einen anderen zu bestrafen, der nicht (mehr) zur Rechenschaft gezogen werden kann, niemanden kaltzulassen. Welcher Zeitgeist da wohl dahinterstecken mag? Die ultimative, gnadenlose Rhetorik von Präsident Trump? Das Wiedererstarken gewisser radikaler Strömungen in den USA mit ihrer Auge-um-Auge-Mentalität? Die allgegenwärtige Angst vor Terror? Die MeToo-Debatte, in der noch um eine ernst gemeinte Solidarität von Frauen und Männern gerungen wird?
Eine Geschichte und so viele Fragen. Wie viele Filme können das schon von sich behaupten?