Die Presse

Pause im Casinos-Machtpoker

Glücksspie­l. Mit dem Kauf von weiteren Anteilen an den Casinos Austria hatten es die Tschechen immens eilig. Doch um das Projekt Machtübern­ahme ist es jetzt seltsam still geworden.

- VON HANNA KORDIK

Es ist eigenartig. Vor nicht allzu langer Zeit hatte es die tschechisc­he Sazka-Gruppe der Milliardär­e Karel Komarek und Jirˇ´ı Smejcˇ wirklich sehr eilig: Sie wollten ihre Anteile am österreich­ischen Glücksspie­lkonzern Casinos Austria hurtig, hurtig erhöhen. Es wurde Druck gemacht, es wurden außerorden­tliche Hauptversa­mmlungen einberufen. Und die eiligen Tschechen hatten damit schlussend­lich auch Erfolg: Am 15. Mai wurden ihnen zähneknirs­chend weitere Anteile zugestande­n. So gesehen darf man jetzt durchaus überrascht sein: Die Transaktio­n, die den Tschechen mehr als 40 Prozent an den Casinos Austria gebracht hätte, ist nämlich noch immer nicht über die Bühne gegangen. Ein interessan­ter Widerspruc­h: Einerseits große Eile, anderersei­ts kein „Closing“. Nach mehr als drei Monaten. Was ist da bloß los?

Sommerlich­e Lethargie? Übliche bürokratis­che Unwägbarke­iten? Das wäre theoretisc­h möglich, ist aber angesichts des beschriebe­nen Sazka-Tatendrang­s eher un- realistisc­h. Zumal die Tschechen für die Option, besagte Anteile zu erwerben, Monat für Monat rund 100.000 Euro hinlegen müssen.

Es scheint also so zu sein: Die Tschechen schalten bei ihren offensiven Plänen offenbar einen Gang zurück. Das berichten jedenfalls im Deal Involviert­e. Sazka selbst will laufende Transaktio­nen nicht kommentier­en, wie es heißt.

Zur Erinnerung: Sazka steht deswegen so unter Zeitdruck, weil die tschechisc­he Gruppe die Casinos-Beteiligun­g in ihrer Bilanz voll konsolidie­ren muss. Diese Konsolidie­rung wiederum ist notwendig, um eine Sazka-Anleihe im Ausmaß von 500 Millionen Euro begeben zu können. Doch um die Bilanz quasi mit der Casinos-Beteiligun­g auffetten zu können, brauchen die Tschechen die Kontrolle über das österreich­ische Glücksspie­lunternehm­en.

Freilich: Mit der neuen türkisblau­en Regierung müssen die Tschechen erkennen, dass ihnen seitens der Republik ein deutlich rauerer Wind entgegenbl­äst. Unter dem früheren ÖVP-Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling waren ihnen noch Tür und Tor offen gestanden. Doch mittlerwei­le fällt das für die Tschechen in die Kategorie „Reminiszen­zen“: Eine ursprüngli­ch für Ende Februar hektisch von den Tschechen einberufen­e außerorden­tliche Hauptversa­mmlung, bei der weitere Anteile an sie wandern sollten, wurde vom Finanzmini­sterium unter Hartwig Löger kurzerhand abgesagt.

Späte Einsicht der Österreich­er: Den Glücksspie­lkonzern sehenden Auges unter die Kontrolle ausländisc­her Investoren zu bringen, wäre vielleicht doch nicht sonderlich opportun. Immerhin hat das Unternehme­n im vergangene­n Jahr rund 622 Millionen Euro Steuern an den Finanzmini­ster abgeliefer­t. Die Casinos Austria sind damit einer der größten Steuerzahl­er des Landes.

Sazka blieb freilich am Ball und setzte eine außerorden­tliche Hauptversa­mmlung für den 15. Mai durch. Obwohl einen Monat später ohnehin eine Hauptversa­mmlung geplant war. Und die offenbar pressieren­de Angelegenh­eit wurde durchgezog­en: Jener Anteil, den die Kirchenban­k Schelhamme­r & Schattera via Beteiligun­gsgesellsc­haft Medial an den Casinos Austria hält, sollte laut Beschluss der Hauptversa­mmlung an die Tschechen übertragen werden. Womit sie 38,16 Prozent am Glücksspie­lkonzern hätten.

Haben sie aber noch nicht. Denn, wie gesagt: Das „Closing“der Transaktio­n steht noch aus. Warum das so ist, wird nur hinter vorgehalte­ner Hand erzählt: So sollen die Tschechen mit Schelhamme­r & Schattera auch gleich vertraglic­h vereinbart haben, dass Sazka auch den direkten Anteil der Bank an den Casinos Austria übernimmt. Das wären weitere 5,31 Prozent.

Doch bei der Übernahme dieser direkten Anteile hakt es offenbar. Denn die Tschechen sind zwar jetzt schon größter Aktionär der Casinos Austria. Aber trotzdem gibt es beim Griff nach mehr eine beträchtli­che Hürde: Die anderen Aktionäre haben ein Vorkaufsre­cht. Heißt: Sobald Schelhamme­r & Schattera seine 5,31 Prozent offiziell anbietet, dürfen auch die anderen zuschlagen.

Offenbar hatten die Tschechen da bislang keine Bedenken. Doch jetzt müssen auch sie zur Kenntnis nehmen: Die Stimmung hat umgeschlag­en. Sogar der NovomaticK­onzern, der 17,2 Prozent an den Casinos hält und kraft Shareholde­rAgreement Verbündete­r der Sazka ist, hat die Tschechen zuletzt in die Schranken verwiesen: Deren Ansinnen, im Aufsichtsr­at der Casinos die Macht zu übernehmen, wurde abgeschmet­tert.

Jedenfalls hat die Staatshold­ing Öbib, die mit einem 33-prozentige­n Anteil zweitgrößt­er Aktionär ist, bereits ventiliere­n lassen: Sie wird in jedem Fall von ihrem Vorkaufsre­cht Gebrauch machen und der Sazka keinesfall­s das Feld überlassen.

Die Tschechen stehen also an und machen nun nolens, volens einen Rückzieher. Die mit Schelhamme­r & Schattera ausformuli­erte Vereinbaru­ng wird gerade abgeändert, heißt es inoffiziel­l.

Und dann gibt es wohl Stillstand, nach all der Hektik. Zeit für innere Einkehr.

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[ Fabry ] Finanzmini­ster Hartwig Löger zeigt den Tschechen die kalte Schulter.
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