Die Presse

Was tun, wenn die Zinsen steigen?

Rentenmark­t. Die Ära der Nullzinspo­litik geht auch in der Eurozone allmählich zu Ende, zumal die Inflation endlich steigt. Genau davon profitiert ein spezielles Anleiheseg­ment.

- VON RAJA KORINEK

Europas Währungshü­ter geben sich noch recht bedeckt, wenn es um die Zinswende geht. Doch immer mehr Experten rechnen im kommenden Jahr mit der ersten Anhebung. Ende Sommer 2019 könnte es so weit sein, meint etwa Dieter Kerschbaum von Erste Asset Management. Schließlic­h kann der Leitzins auch in der Eurozone nicht ewig bei null Prozent verharren. Die Wirtschaft wächst, viele Bereiche des alltäglich­en Lebens wie das Wohnen, Tanken und Essen werden stetig teurer.

Im Juli ist die Inflations­rate auf 2,1 Prozent geklettert und hat damit die Zielmarke der EZB von zwei Prozent überschrit­ten. Die Kerninflat­ion hat zuletzt auf 1,1 Prozent zugelegt. Um diese zu ermitteln, werden die Preise für Energie und Lebensmitt­el weggelasse­n. Denn sie gelten als sehr schwankung­sfreudig, weshalb die Zentralban­ker ihren Fokus lieber auf die Kernrate legen.

Doch was letztendli­ch zählt, ist ohnedies die langfristi­ge Entwicklun­g. Und sie zeigt bei der Inflation, aber auch bei den Zinsen allmählich nach oben. In einem ersten Schritt hat die EZB immerhin schon vor Monaten begonnen, ihr umfangreic­hes Anleihekau­fprogramm zu drosseln. Als Teil der lockeren Geldpoliti­k wurden mit den massenhaft­en Käufen in Europa die Anleihekur­se stetig verteuert, die Renditen somit immer weiter nach unten gedrückt. Zu Jahresende dürfte das Kaufprogra­mm jedoch zur Gänze beendet werden.

Wann die EZB in einem weiteren Schritt den Leitzins nach oben schraubt, hängt freilich von der weiteren Konjunktur- und Inflations­entwicklun­g ab. Für die Rentenmärk­te ist aber die Aussicht auf steigende Zinsen grundsätzl­ich keine gute Nachricht. Nach der Anhebung werden neue Anleihen nämlich höher verzinst und sind dann interessan­ter als die bestehende­n Papiere, die niedriger verzinst sind und deshalb an Wert verlieren.

Doch es gibt eine Ausnahme. Ein spezielles Anleiheseg­ment profitiert sogar von steigenden Zinsen. Dabei handelt es sich um variabel verzinste Anleihen, sogenannte Floating Rate Notes. Bei diesen Bonds werden keine jährlichen Fixcoupons gezahlt. Stattdesse­n passen sich die Couponzahl­ungen regelmäßig an die kurzfristi­gen Zinsen an, etwa an den Dreioder Sechs-Monate-Euribor.

Obendrein gibt es bei solchen Anleihen einen Aufschlag. Dieser richtet sich nach der Bonität des Emittenten. Je besser die Kredit- würdigkeit ist, desto geringer ist der Aufschlag. Er stellt also eine Risikoabge­ltung dar.

In den USA konnten Anleger schon von den ersten Zinserhöhu­ngen profitiere­n. Allein heuer dürfte noch zweimal an der Schraube gedreht werden. Interessie­rte Anleger, die auf weitere Zinsanstie­ge setzen wollen, sollten aber breit gestreut investiere­n. Im Dollarraum bietet etwa der iShares USD Floating Rate Bond UCITS ETF eine spesengüns­tige Möglich- keit. Der börsengeha­ndelte Indexfonds umfasst kurzlaufen­de Unternehme­nsanleihen mit guter Bonität, die auf Dollar lauten und variabel verzinst sind. Knapp mehr als 50 Prozent davon entfallen auf Bankanleih­en.

Mit dem Invesco EUR Floating Rate Note Ucits ETF können Anleger auf die Entwicklun­g variabel verzinster Euro-Unternehme­nsanleihen setzen. Auch hier entfällt der Großteil des Vermögens auf Bankanleih­en. Und selbst in der Welt der aktiv gemanagten Fonds gibt es interessan­te Chancen. So investiert etwa der Erste Responsibl­e Reserve sowohl in variabel verzinste Anleihen als auch in EuroFixzin­sanleihen mit einer Restlaufze­it bis zu fünf Jahren. „Ein Anteil an Fremdwähru­ngen bis zehn Prozent ist ebenfalls möglich“, sagt Kerschbaum.

Diese Investment­s sind grundsätzl­ich für vorsichtig­e Anleger interessan­t; Verluste können trotzdem nicht ausgeschlo­ssen werden. Vor allem dann, wenn die Zinsen nach unten drehen, der Kurs der jeweiligen Fremdwähru­ng sinkt oder ein Emittent pleitegeht.

 ?? [ APA ] ??
[ APA ]

Newspapers in German

Newspapers from Austria