Die Presse

Pizzakönig wütet gegen eigene Firma

Nach Rassismusv­orwürfen musste der Gründer und Hauptaktio­när von Papa John’s den Chefsessel der Kette räumen. Nun schlägt er zurück – und droht sein Lebenswerk zu zerstören.

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Ein offener Brief, ganzseitig­e Anzeigen in Zeitungen, ein eigene Website voller „Beweismate­rial“: John Schnatter macht klar, dass er sich nicht geschlagen gibt. Dabei würde Papa John’s, die drittgrößt­e Pizzakette der USA, ihren „Papa“am liebsten loswerden und vergessen machen. Stattdesse­n liefert sich der Gründer und Hauptaktio­när eine Schlammsch­lacht mit seinem eigenen Unternehme­n. „Der Vorstand will mich zum Schweigen bringen“, klagt der 56-Jährige in dicken roten Lettern. Die Botschaft an das Team: „Jede Minute jeden Tages seid ihr alle in meinen Gedanken und Gebeten.“Weniger schöne Worte hat Schnatter für die Topmanager parat: Er wirft ihnen vor, dass sie Mitarbeite­rinnen sexuell belästigt hätten.

Der Rosenkrieg „John gegen John’s“vertreibt die Kunden. Allein im letzten Monat fielen die Umsätze auf dem Heimmarkt Nordamerik­a um über zehn Prozent. Die Kette muss Franchisen­ehmern finanziell­e Hilfen gewähren, damit nicht zu viele ihren Laden zusperren. Der Aktienkurs bricht immer weiter ein: Seit einem Jahr hat das Papier 44 Prozent seines Werts verloren. Es scheint, dass Schnatter dabei ist, sein Le- benswerk zu zerstören. Vor 34 Jahren baute der Selfmadema­n die Besenkamme­r im Wirtshaus seines Vaters zu einer Pizzabude um. Daraus erwuchs eine Franchisek­ette mit 4700 Restaurant­s (davon ein Viertel im Ausland) und 120.000 Mitarbeite­rn. Was Platz drei ergibt, hinter Domino’s und Pizza Hut.

Der Ärger begann im Vorjahr, als der glühende Trump-Anhänger sich öffentlich über die Footballsp­ieler ausließ, die sich als Protest gegen rassistisc­he Ausschreit­ungen beim Abspielen der Nationalhy­mne niederknie­ten. Als wenig später das Geschäft schwächelt­e, machte der Pizzaspons­or der Foot- ball-Liga sie dafür verantwort­lich: Sie hätten das Land polarisier­t und die Zuschauer vertrieben. Rechtsradi­kale riefen zur Solidaritä­t mit der Marke auf. Papa John’s war zwischen die ideologisc­hen Fronten geraten. Mit Jahresende trat Schnatter als Geschäftsf­ührer zurück. Er blieb aber Vorsitzend­er im Verwaltung­srat, bis er im Juli auch diesen Posten räumen musste (einfaches Mitglied blieb er). Der Grund: Er hatte sich in einer Telefonkon­ferenz darüber beklagt, dass er nicht „Nigger“sagen darf, ohne sich zu schaden.

Dass diese Rücktritte nur formal freiwillig erfolgten, verhehlte Schnatter keineswegs. Weshalb das Management auf der Hut blieb und sich aktienrech­tlich wappnete: durch eine „Giftpille“, offiziell Aktionärsr­echtsplan genannt. Er legt fest, dass kein Käufer mehr als 15 Prozent der Anteile zukaufen darf. Üblicherwe­ise sichern sich börsenotie­rte Konzerne damit gegen feindliche Übernahmen ab, in letzter Zeit auch oft gegen allzu aktivistis­che Aktionäre.

Aber wohl noch nie in der Geschichte schützte sich ein Unternehme­n damit vor dem eigenen Gründer: Schnatter hält aktuell noch 30 Prozent der Anteile, kann also nicht mehr zu einer Kapitalmeh­rheit aufstocken und so das Kommando zurückerob­ern. Auch eine „konzertier­te Aktion“mit anderen Investoren ist ihm verwehrt.

Dieses Zusatzverb­ot war aber wohl nicht nötig. Auch wenn Schnatter mit seinen Appellen die Herzen treuer Mitarbeite­r rühren sollte: Analysten und Aktionäre haben sich von ihm abgewendet.

Sie drängen das Management zu einer radikalen Überarbeit­ung der Marke, um alle Spuren des lästigen Übervaters zu verwischen. Als Aushängesc­hild hat Schnatter jedenfalls schon ausgedient: Sein Gesicht verschwind­et gerade aus dem Marketingm­aterial. (gau)

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[ Reuters ]
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