Die Presse

Fragiles Ferienidyl­l

Die Malediven sind eine der angesagtes­ten Destinatio­nen – allerdings auf Zeit, weil womöglich vom Untergang bedroht. Bis dahin ist das Credo der Parallelwe­lt: Eintauchen, abtauchen, auftauchen.

- VON THOMAS VIEREGGE

Das Speedboot pflügt durch die Wellen des Indischen Ozeans, vorbei an Mangroveni­nseln, ganz nah an der imaginären Linie des Äquators. Bis zum Horizont nur glitzernde See. Gischt spritzt auf, Fahrtwind weht durchs Haar – und mit jedem Meter rückt die Welt weiter weg. Vergessen sind bald der Nachtflug, die Formalität­en und die Wartezeit in tropischer Schwüle auf dem Hauptstadt­flughafen Male,´ wo übernächti­ge Touristen und geschäftig­e Mitarbeite­r der Hotelresor­ts herumwusel­n. Wie verflogen sind schnell auch der Anschlussf­lug und das Umsteigen von Luft und Land aufs Wasser, je näher sich der grüne Tupfer in der aquamarine­n Ferne als endgültige Destinatio­n, als dritte und letzte Etappe des Trips, herauskris­tallisiert.

Eine Nacht und einen halben Tag dauert die Anreise in eines der angesagtes­ten Ferienpara­diese auf dem Globus. Erst 1972 hat der Tourismus die Inselgrupp­e im Süden des Indischen Subkontine­nts entdeckt, zunächst nur im kleinen Stil, geradezu ökologisch mit simplen Strohhütte­n. Mittlerwei­le haben sich Urlaubsins­eln auf den Malediven in eine Parallelwe­lt verwandelt, abgehoben vom Rest der islamisch geprägten Inselwelt.

Die Entschleun­igung auf den Malediven funktionie­rt erstaunlic­h rasch. Mehr Ruhe und Abgeschied­enheit geht nicht. In Funamadua, einem Eiland im Gaaf-Alif-Atoll, stehen auf dem Holzsteg schon Heinz Trautmann und seine Crew bereit – bloßfüßig, mit einem breiten Lächeln im braun gebrannten Gesicht und mit kleinen Erfrischun­gen, Snacks und einem Begrüßungs­cocktail. Die sogenannte Club-Zeit, die Umstellung der Uhr um eine Stunde, um den Tag künstlich in die Länge zu ziehen und die Dämmerung aufzuhalte­n, hilft dabei, in den Urlaubsrhy­thmus zu fallen und in eine andere Welt zu versinken – die angesichts des grassieren­den Klimawande­ls und der steigenden Meerespege­l

Austrian fliegt ab Oktober zweimal wöchentlic­h Wien–Male´ direkt, Economy ab 913 €, Premium Economy ab 1368 €, Business ab 2786 €, www.austrian.com.

Robinson Club Maledives (Funamadua): Bungalows: ab 2322 €/Person/Woche, all inclusive (inkl. Flug & Transfer); Robinson Club Noonu (Orivaru): All-inclusive-Unterkünft­e ab 2539 €/Per./Wo., www.robinson.com.

Laut TUI 70 Prozent der Buchungen im Winter; durchschni­ttliche Aufenthalt­sdauer: 8,5–9 Nächte; 62 Prozent der Gäste buchen all inclusive.

Die Reise wurde von TUI unterstütz­t. freilich womöglich dem Untergang geweiht ist. „Save the Maledives“, lautet das offizielle Motto mit Hinweis auf die richtigen Verhaltens­maßregeln. In 50, in 100 Jahren, oder vielleicht gar nicht – wer weiß das schon mit Gewissheit zu sagen, wann und ob die Stunde X schlägt. Wer mit dem dröhnenden Wasserflug­zeug über die Inselwelt fliegt, nimmt indes die zahlreiche­n Sandbänke wahr, die nur knapp aus dem Ozean ragen. Der höchste Punkt auf den Malediven liegt wenig mehr als zwei Meter über dem Meeresspie­gel. Einstweile­n regiert noch der Fatalismus, doch die Hotelresor­ts sind maximal 99 Jahre von der Regierung gepachtet. Ein fragiles Ferienidyl­l, wie die Touristike­r und manche Touristen wissen.

Herunterko­mmen, eintauchen, abtauchen und wieder auftauchen: Das ist, angelehnt an eine alte Fischerwei­sheit, die Philosophi­e des Robinson-Clubs an der Südspitze des Archipels – und kaum jemand verkörpert dieses Credo nach außen hin überzeugen­der als der Clubdirekt­or, eine rheinische Frohnatur im Pensionsal­ter mit einem Faible für Österreich, insbesonde­re das Salzkammer­gut, und einem Zweitwohns­itz in Gmunden. Heinz Trautmann ist Manager, Animateur, Anekdotene­rzähler, Fitness-Freak und Partykönig in einem – der geborene „Robinson“, der mit leichter Hand und einem Scherz auf den Lippen eine Schar von „Freitags“dirigiert, vielfach auf Du und Du mit den Gästen. Dass das Leben als Sonnyboy rund um die Uhr mit der Zeit an den Nerven zerrt, gestehen er und seine Mitarbeite­r indessen freimütig ein. Wer nicht alle zwei Monate von der Insel geht und sich – wenigstens für ein paar Tage, etwa im hektischen Ambiente Bangkoks, vier Flugstunde­n entfernt –, eine Auszeit nimmt, läuft Gefahr, unter der ewig gleißenden Sonne unter Palmen auszubrenn­en.

Um vom Alltagsstr­ess auszuspann­en und die eigene kleine Welt zu

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