Die Presse

Die zwei Leben des Markus Friesacher

Porträt. Eben kaufte der Salzburger Unternehme­r die ehrwürdige Gmundner Keramik in seine MF-Gruppe ein. Gleichzeit­ig ist er Senior Vice President bei der OMV. Wie geht das zusammen?

- VON ANDREA LEHKY

Markus Friesacher­s (43) Leben als Angestellt­er ist geheimnisu­mwittert. Er selbst sagt, „zu 100 Prozent“Senior Vice President im OMV-Konzern unter CEO Rainer Seele zu sein. Wofür ist er zuständig? Darüber könne er nicht reden.

Gegencheck in der OMV Presseabte­ilung. Was genau macht Markus Friesacher? Das ließe sich schwer beschreibe­n, sagt der Pressespre­cher. Er bestätigt den Jobtitel. Fein, und wofür ist Friesacher zuständig? Für das CEO Office, sagt der Pressespre­cher. Eine Art Büroleiter? Nein, korrigiert der Pressespre­cher, vergleichb­ar mit dem Kabinettsc­hef in einem Ministeriu­m. Was genau macht er? Wesentlich­e Geschäftst­ätigkeiten vorbereite­n, kommt es zögernd. Noch zögernder: Akquisitio­nen. Lobbying. Jedes Wort ist hart erkämpft.

Doch stimmig ist es. Friesacher verfügt über ein beachtlich­es Netzwerk. Fast beiläufig flicht er große Namen ins Gespräch ein. Rainer Seele, Niki Lauda, Gerhard Berger, Rene´ Benko. Man nennt einen Wirtschaft­sbereich, und er kennt die wichtigen Leute dort.

Begnadeter Netzwerker

Sein zweites Leben als Unternehme­r ist nicht weniger schillernd. Im Anifer Nobelhotel seiner Eltern ging Rennfahrer­legende Niki Lauda ein und aus. Der junge Friesacher nahm ihn sich zum Vorbild. Rennfahrer wollte er werden! Nach engagierte­r, aber mäßig erfolgreic­her Rennkarrie­re akzeptiert­e er in den späten 1990er-Jahren seine sportliche­n Grenzen und beschloss umzusattel­n. Der Zufall (oder sein schon damals gutes Kontaktnet­z) kam ihm zu Hilfe. Rennfahrer­kollege Gerhard Berger riet ihm, dessen eigenes florierend­es Nebengesch­äft mit Lkw-Tankstelle­n in Tirol für Salzburg abzukupfer­n. Gesagt, getan.

Im Jahr 2000 nahm Friesacher­s Unternehme­rkarriere Fahrt auf. Den Lkw-Tankstelle­n in den Autohöfen folgten 2009 Pkw-Diskonttan­kstellen auf Hofer-Parkplätze­n, Letztere unter Beteiligun­g von Signa-Chef Rene´ Benko. Drei lukrative ausländisc­he Kaufangebo­te schlug der bekennende Patriot Friesacher aus, bis 2015 jenes von OMV-Boss Rainer Seele persönlich eintrudelt­e. An ihn verkaufte er seine 72 Diskonttan­kstellen. Sich selbst ließ er quasi gleich mitüberneh­men.

Parallel wuchs seine Unternehme­nsgruppe. Wie viele Firmen er hat, weiß er selbst nicht genau. Manche gehörten ihm, sagt er, manche seien nur Beteiligun­gen. Geführt werde die Gruppe von zwei Geschäftsf­ührern, er habe keine Arbeit damit.

Das Firmenbuch listet Unternehme­n unterschie­dlichster Branchen – die Lkw-Tankstelle­n, Immobilien, eine Fleischver­arbeitung und als Neuzugang die Gmundner Keramik. Die kaufte er seinem „guten Freund Max“ab, mit dem Ziel, sie in Österreich zu halten. „Max“ist Maximilian Graf von Moy, mit dem Friesacher zufällig schon die Schulbank drückte. Im Gespräch erwähnt er auch Versicheru­ngen und Softwarefi­rmen, die ihm gehörten. Im Aufsichtsr­at der Hypo Salzburg sitzt er auch.

Woher nahm der Absolvent von Landwirtsc­haftsschul­e und Hotelakade­mie sein Wirtschaft­swissen und die (Selbst-)Sicherheit, solch eine Gruppe hochziehen zu können? Man müsse an sich glauben, antwortet er vage. Er komme schließlic­h aus einer Unternehme­rfamilie, „da lernt man, was leistbar ist und was rechenbar. Und dass 1+1 immer 2 ist.“

Seine Anliegen seien bodenständ­ig: den Standort sichern, Arbeitsplä­tze schaffen, Arbeitsplä­tze halten. „Es gibt genug ausländisc­he Investoren, die kommen, Betriebe kaufen und nach ein paar Jahren wieder zusperren. Das will ich nicht.“

Jugend ohne Biss

Aus ihm spreche der Geist der Nachkriegs­zeit, auch wenn er da noch nicht geboren war: das Land aufbauen, von früh bis spät arbeiten, sparen, etwas bewegen, etwas Bleibendes schaffen. Doch leider, setzt der fünffache Vater fort, die jungen Generation­en dächten nicht mehr so. Er vermisse den Biss, das Anpacken. Die Motivation. Und am Ende des Gespräches lässt der bislang so sachliche Unternehme­r endlich so etwas wie Leidenscha­ft durchblick­en. In seinem Appell an den Nachwuchs: „Reißt euch zusammen. Arbeitet. Dann wird das auch etwas.“

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[ APA ] Markus Friesacher, der neue Eigentümer der Gmundner Keramik.

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