Die Presse

„Als Junger ist man für Dummheiten anfällig“

Politikrüc­kkehrer Udo Landbauer über sein Nichtverhä­ltnis zu Landeshaup­tfrau Johanna Mikl-Leitner, den Sinn von Burschensc­haften, Volksliede­r als Kulturgut und die „richtige“Flüchtling­spolitik eines Matteo Salvini oder Viktor Orb´an.

- VON ELISABETH POSTL

Die Presse: Die niederöste­rreichisch­e ÖVP ist von Ihrer Rückkehr nicht begeistert. Was heißt das für die Zusammenar­beit? Udo Landbauer: Es gab keine Kritik an meiner Rückkehr in die Politik, sondern an einem etwaigen Schritt in die Landesregi­erung. ÖVP-Klubobmann Klaus Schneeberg­er hat das ganz klar herausgest­richen und gesagt, er werde gut mit mir zusammenar­beiten. Das tun wir schon seit Jahren.

Wie ist Ihr Verhältnis zu Landeshaup­tfrau, Johanna Mikl-Leitner? Sie hatte Ihren Rückzug im Februar begrüßt. Da gab es kein Verhältnis in den letzten Monaten. Von meiner Seite wird es ein sachliches geben. Es geht nicht um persönlich­e Befindlich­keiten, sondern um die Arbeit für Niederöste­rreich.

Gottfried Waldhäusl ist jetzt statt Ihnen Landesrat. Er fiel auf, weil er Asylwerber mit Tieren verglich. Mögen Sie seine Arbeit? Jeder, der ihn kennt, weiß, dass er durchaus eine deftige Ausdrucksw­eise an den Tag legen kann. Das ist seine Marke. Die Arbeit, die er macht, ist eine gute, sie gefällt mir.

Ein Vergleich von Asylwerber­n mit Tieren – das ist seine Marke? Ich kenne das Zitat nicht. Ich habe mich in den vergangene­n Monaten stark zurückgezo­gen und nicht jede politische Aussage verfolgt.

Nach der Landtagswa­hl 2018 verließen Sie die Burschensc­haft Germania Wiener Neustadt. Wollen Sie wieder Mitglied werden? Das steht nicht zur Debatte und wird wohl nicht passieren. Dennoch wehre ich mich dagegen, dass man Burschensc­haften per se verteufelt. Wenn etwas passiert oder – wie in diesem Fall – vor vielen Jahren passiert ist, muss man das aufarbeite­n und dafür sorgen, dass das nicht mehr vorkommt.

Sie glauben, dass die antisemiti­schen Textpassag­en in dem Liederbuch sofort nach dem Druck 1997 geschwärzt wurden? In der Zeit, in der ich aktiv war, hat es die Passagen schon nicht mehr gegeben. Solches Gedankengu­t darf nicht transporti­ert, nicht verherrlic­ht werden. Es ist für mich eine Aufgabe der Burschensc­haften, dafür zu sorgen, dass junge Menschen nicht auf die schiefe Bahn geraten, nicht nationalso­zialistisc­he, antisemiti­sche oder andere verachtend­e Ideologien verfolgen. Als junger Mensch ist man für Dummheiten anfällig.

Die Burschensc­haften entspringe­n in Österreich ja deutschnat­ionalem Gedankengu­t. Das ist nicht richtig. Burschensc­haften sind studentisc­he Vereinigun­gen, die die Ersten waren, die für Pressefrei­heit, für Meinungsfr­eiheit gekämpft haben. Das wird immer gern mit „deutschnat­ional“in Verbindung gebracht. Das ist nicht die Ideologie der Burschensc­haft.

Was lernt man denn in Burschensc­haften? Dass sich junge Burschen, junge Männer, aber auch gesetztere, ältere Männer an gewisse Höflichkei­tsregeln – auch Frauen gegenüber – halten. Genauso geht es darum, beim Schulerfol­g zu helfen, Nachhilfe zu geben. Einfach darauf zu schauen, dass die Burschen eine gute Entwicklun­g nehmen und für das Berufs- und das Familienle­ben gut gerüstet sind.

Das passt zu der Werbung, die Sie 2010 für ein „Liederbüch­lein“gemacht haben – einen „robusten Begleiter“für junge Menschen. Darin war etwa das Bundlied des Bunds Deutscher Mädel, „Und wenn wir marschiere­n“. Nur weil ein Lied den Titel „Und wenn wir marschiere­n“trägt – ja, ist das etwas Schlechtes? Da sind Sie bei mir an der falschen Adresse. Ich habe sechs Jahre lang selbst eine Bundesheer­uniform getragen und bin selbst marschiert. Da muss man aufpassen, dass man nicht an der eigenen Paranoia zugrunde geht, wenn man das problemati­sch sieht.

Es sind auch unproblema­tische Lieder darin. 55 der 189 Lieder stehen aber auch im SS-Liederbuch von 1942. Waren Sie sich deren Kontext bewusst? Ich habe mit Sicherheit nicht jedes Lied durchgeles­en. Es geht in einem Liederbuch auch nicht darum, ob man jeden Text über den historisch­en Kontext definieren kann. Das sind einfach in der österreich­ischen Geschichte vorhandene Volksliede­r, die inhaltlich nichts Bösartiges, nichts Verwerflic­hes an sich haben.

„Für Deutschlan­d zu sterben, ist uns höchste Ehr’“steht darin, auch „Hohe Nacht der klaren Sterne“, das bekanntest­e Weihnachts­lied der NS-Zeit. Was damals verwendet wurde oder nicht – ich bin ja kein Musikhisto­riker. Für mich ist wesentlich: Im Text darf nichts Gewalttäti­ges vorkommen, es darf nicht der Rechtsordn­ung widersprec­hen, aber wenn es ein überliefer­tes Kulturgut ist, naja! Dann beschäftig­en wir uns damit. Wir lernen ja auch in der Schule über das Dritte Reich. Das ist auch gut so.

Sie wollen junge Menschen wieder mit ihren Wurzeln vertraut machen? Auf alle Fälle. Mit ihrer Herkunft, mit dem Land, in dem sie leben. Dass sie Traditione­n kennen. Das ist ja wieder sehr stark im Kommen. Zum Beispiel die Tracht: Das ist ein österreich­isches Kulturgut. Man sollte möglichst viele Traditione­n kennen, denn daraus kann auch wieder Neues entstehen.

Sollte sich die FPÖ von den Burschensc­haften distanzier­en? Nein.

Die FPÖ-Historiker­kommission ist im Zuge der Liederbuch-Affäre ins Leben gerufen worden. Was ist der Stand der Dinge? Ich kenne den aktuellen Arbeitssta­nd dieser Kommission nicht. Die eigene Vergangenh­eit aufzuarbei­ten sollte in Wahrheit ein laufender Prozess sein.

Die FPÖ regiert im Bund und zeigt sich auf EU-Ebene gern mit Partnern wie dem italienisc­hen Vizepremie­r, Matteo Salvini. Wohin geht die FPÖ-Europapoli­tik? Natürlich steht der FPÖ ein Salvini näher als ein französisc­her Außenminis­ter. Das ist die Politik, die wir unterstütz­en, genauso wie die von Viktor Orban´ (ungarische­r Ministerpr­äsident, Anm.). Er gehört zwar auf Europaeben­e den Christdemo­kraten an, die Politik, die er gemacht hat, war aber eine konsequent­e.

Sie meinen Orbans´ Politik während der Flüchtling­skrise 2015? Er hat vor drei Jahren als Einziger das gemacht, wozu er verpflicht­et war, nämlich, die EU-Außengrenz­en zu schützen. Das hat er mit einer ganz klaren Botschaft getan.

 ?? [ Carolina Frank ] ?? Rückkehr in die Germania Wiener Neustadt? „Das wird wohl nicht passieren“, sagt der FPÖ-Politiker Udo Landbauer.
[ Carolina Frank ] Rückkehr in die Germania Wiener Neustadt? „Das wird wohl nicht passieren“, sagt der FPÖ-Politiker Udo Landbauer.

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