Der Ausfall eines Gens machte uns zu guten Läufern und Jägern
Eine Mutation hat die Menschwerdung offenbar mehrfach vorangetrieben.
In der Hitze des Tages, als andere Raubtiere matt in der Savanne rasteten, hetzten unsere Vorfahren die Beutetiere, bis sie zusammenbrachen. Ausdauerjagd nennt man das, sie soll zum Siegeszug der Gattung Homo beigetragen haben. Ermöglicht wurde sie durch – im Vergleich zu unseren äffischen Verwandten – lange Beine mit ausdauernden Muskeln, große Füße und viele Schweißdrüsen.
Was hat uns diese physiologischen Fortschritte gebracht? Die für Menschen typische Mutation eines Gens namens CMAH, das dadurch funktionslos wird, sagen Forscher um Ajit Varki (San Diego). Sie konnten u. a. zeigen, dass Mäuse, bei denen dieses Gen kaputt ist, stärkere und ausdauerndere Muskeln entwickeln (Proc. Royal Soc. B, 12. 9.). Frühe Menschen mit dieser Mutation – die sich vor zwei bis drei Millionen Jahren durchsetzte – hätten einen klaren Vorteil in der Savanne gehabt, dem Lebensraum, den unsere Vorfahren damals eroberten.
Was tut das CMAH-Gen eigentlich? Es macht aus einem Molekül, das an der Oberfläche von Zellen sitzt (und deren Kommunikation mit der Außenwelt oder anderen Zellen bestimmt), ein anderes: Neu5Gc aus Neu5Ac. Andere Säugetiere haben beide Moleküle, wir haben nur Neu5Ac. Das könnte erklären, warum unser Immunsystem auf rotes Fleisch, das sehr wohl Neu5Gc enthält, bisweilen mit Entzündungen reagiert.
Doch der eigentliche Grund für den Siegeszug dieser Mutation liegt – wie so oft in der Evolution – an einer Krankheit, diesfalls einer Art von Malaria. Die Einzeller, die diese auslösen, hängen sich an Neu5Gc. Damit hatten unsere Vorfahren, die dieses aufgrund der Mutation nicht hatten, einen großen Vorteil: Immunität gegen Malaria. Dazu kam offenbar die bessere Eignung zum Langstreckenlauf. Zwei Vorteile also, die Nachteile – z. B. geringere Verträglichkeit von rotem Fleisch, vielleicht auch höhere Anfälligkeit für Diabetes – leicht aufwogen. (tk)