Wie die SPÖ ihre Chefs aussuchte
Nachfolge. Nicht zum ersten Mal gibt es Flügelkämpfe bei der Entscheidung über den Parteivorsitz. Ausgerechnet Bruno Kreisky war der Einzige, der sich einer Kampfabstimmung stellen musste.
So holprig die Nachfolgesuche für Parteichef Christian Kern auch verläuft – es ist nicht das erste Mal, dass die SPÖ sich bei der Suche nach einer neuen Führung schwertut. Neun Parteichefs gab es bisher in der Zweiten Republik. Bei den Wechseln war alles schon dabei: gut vorbereitete Übergaben, langwierige Flügelkämpfe und auch lustvolle Demontagen des Amtsinhabers.
Schon dem ersten Machtwechsel ging ein Flügelkampf voraus. Als Adolf Schärf 1957 Bundespräsident wurde, ritterten der am rechten Flügel beheimatete Innenminister Oskar Helmer und der eher linke Klubchef Bruno Pittermann um die Nachfolge, Pittermann setzte sich durch.
Auch sein Nachfolger war nicht unumstritten. Bruno Kreisky, bis zur Wahlniederlage der Sozialisten 1966 Außenminister, hatte sich zwar schon eine große Anhängerschaft aufgebaut, die zwei wichtigsten Machtzentren waren aber gegen ihn: die Wiener Landespartei und die Gewerkschaft. Diese stellten den früheren Innenminister Hans Czettel auf, Kreisky konnte sich aber am Parteitag mit 69,8 Prozent der Stimmen durchsetzen.
Seine eigene Nachfolge regelte Kreisky dagegen selbst. Da er sich mit seinem eigentlichen Kronprinzen, Hannes Androsch, zerstritten hatte, fiel seine Wahl auf Unterrichtsminister Fred Sinowatz (womit andere Kandidaten wie Karl Blecha oder Heinz Fischer leer ausgingen). Sinowatz hatte das Amt nie angestrebt, nahm aber an und bildete auch die von Kreisky noch eingefädelte Koalition mit der FPÖ.
Auch Sinowatz suchte sich selbst seinen Nachfolger aus: 1986 übergab er das Kanzleramt an Finanzminister Franz Vranitzky, den er als Quereinsteiger in die Politik geholt hatte. Zwei Jahre später wurde Vranitzky, der anfangs bei der Parteibasis auf Skepsis gestoßen war, auch Parteichef. Vranitzky blieb bis zu seinem überraschenden Rücktritt 1997, bei dem er ebenfalls gleich seinen Nachfolger präsentierte: Und wieder war es mit Viktor Klima der Finanzminister, der selbst erst wenige Jahre davor als Quereinsteiger in die Politik gewechselt war.
Klimas Nachfolge im Jahr 2000 ging dann nicht mehr so reibungslos über die Bühne. Zwei ehemalige Innenminister, der rechte Karl Schlögl und der linke Caspar Einem, matchten sich um den Parteivorsitz, die Personalfrage drohte, die Partei zu zerreißen. Geworden ist es dann keiner von beiden, sondern der gerade erst installierte Bundesgeschäftsführer und frühere JusoChef Alfred Gusenbauer.
Gusenbauer gelang es zwar, den Bundeskanzler-Posten zurückzuerobern, wachsender Unmut über die lähmende Regierungszusammenarbeit mit der ÖVP führte aber 2008 zu seiner Demontage. Treibende Kraft dahinter: sein Nachfolger, Werner Faymann, der mit tatkräftiger Hilfe des Boulevards an die Spitze kam.
Aber auch Faymann selbst fiel acht Jahre später dem Unmut der eigenen Genossen zum Opfer. Faymann wurde beim Mai-Aufmarsch auf dem Wiener Rathausplatz gnadenlos ausgepfiffen und trat wenige Tage später zurück. Nachfolger Christian Kern war der Kandidat der Bundesländer – Wien hätte lieber Gerhard Zeiler an der Spitze gesehen.