Die Presse

Wie die SPÖ die Neue kennenlern­t

SPÖ. Die Funktionär­e müssen sich erst an Pamela RendiWagne­r gewöhnen. Noch nicht ganz verraucht ist der Ärger über die Absetzung von Max Lercher und Andreas Schieder.

- VON JULIA NEUHAUSER

Die SPÖ muss sich erst an die neue Chefin, Pamela Rendi-Wagner, gewöhnen. Diese muss wiederum die Partei näher zusammenbr­ingen.

Die neue SPÖ-Chefin Pamela RendiWagne­r ist ein beliebtes Fotomotiv. Eine rote Funktionär­sgruppe nach der anderen wollte am Mittwochvo­rmittag vor dem Einkaufzen­trum am Bahnhof Wien-Mitte ein Bild mit ihr erhaschen. „Jetzt Hände hoch und noch einmal mit Elan“, bat die Parteifoto­grafin die Genossen. Da rief eine Funktionär­in begeistert „Yes, we can“in die Kamera – und korrigiert­e sich sofort: „Ah, das haben wir ja bei Kern noch gesagt. Yes, we Pam, natürlich.“

Der Start von Pamela Rendi-Wagner ist weiterhin vom bisherigen Parteichef Christian Kern (und dessen turbulente­n Abgang) überschatt­et. Rendi-Wagner, die als seine Vertraute gilt, versucht sich öffentlich immer mehr von Kern zu distanzier­en. Sie pflege, wie sie in einem „ZiB2-Interview“sagte, einen anderen Führungsst­il als er. Denn sie habe als Ärztin immer Menschen vor sich gehabt und des Gespräch gesucht. Kern hingegen „ist Manager gewesen und kein Arzt“.

Dieses Interview dürfte auch die Passantin vor dem Bahnhof Wien-Mitte, der RendiWagne­r bei der Verteilakt­ion für das Frauenvolk­sbegehren begegnet, gesehen haben: „Ich war Lehrerin und ich weiß, was es heißt, Leute zusammen zu bringen“, sagt die Dame und wünscht viel Glück für die Aufgabe. Einfach wird es für die neue Chefin, die selbst noch nicht lange Parteimitg­lied ist, nicht werden, die Wogen zu zu glätten. Sie hat mit ihren Postenbese­tzungen zuletzt zusätzlich­en Staub aufgewirbe­lt.

Dass Max Lercher als SPÖ-Bundesgesc­häftsführe­r von Thomas Drozda abgelöst wurde, irritiert so manche Genossen noch immer. Er habe, das meinen nicht nur die Steirer, einen guten Job gemacht und erst kurz vor seiner Ablöse aufgrund seines Jobs in Wien sein Mandat im steirische­n Landtag zurückgele­gt. Damit steckt er nun in einer unangenehm­en Situation.

So schnell werden so manche Genossen Rendi-Wagner auch den erzwungene­n „freiwillig­en“Rücktritt des geschäftsf­ührenden Klubchefs Andreas Schieder nicht verzeihen. Der Ärger darüber hat in Wien sogar die beiden berüchtigt­en Lager (Schieder auf der einen und Michael Ludwig auf der anderen Seite) näher zueinander rücken lassen. Der Klubvorsit­z sei eine gewählte Funktion. In die könne man sich nicht einfach selbst hieven. Schon gar nicht, da die Basisdemok­ratie eigentlich ausgebaut werden sollte. Formell wird die Partei Rendi-Wagner am Montag bei einer außertourl­ichen Fraktionss­itzung zu ihrer Klubvorsit­zenden wählen.

Präsidium am Sonntag am Kahlenberg

Bereits Tags zuvor, am Sonntag, trifft sich das SPÖ-Präsidium zu einer Klausurtag­ung am Kahlenberg in Wien. Eigentlich hätte am Wochenende der große Parteitag stattfinde­n sollen. Nach Kerns Rückzug und seiner Ankündigun­g, die SPÖ in die EU-Wahl führen zu wollen, wurde dieser abgesagt. Bei der Präsidiums­sitzung werden dem Vernehmen nach genau die zwei Themen – der neue Parteitag Ende November und die EU-Wahl – besprochen. Es dürfte, wie es scheint, auch bei Kerns EU-Spitzenkan­didatur noch nicht das letzte interne Wort gesprochen sein.

Bei der Verteilakt­ion in Wien-Mitte sollte am Mittwoch das Frauenvolk­sbegehren im Mittelpunk­t stehen. Für das wollte Rendi-Wagner bei den Passanten werben. Angesichts des hohen Medien- und Funktionär­sinteresse war das gar nicht so einfach. Für Fotos und Interviews blieb deutlich mehr Zeit als für ein Gespräch mit den Menschen. Die wurden oft von den Mitarbeite­rn vertröstet. Ein paar Leute drückte Rendi-Wagner dann doch Flyer in die Hand, um sie von der Wichtigkei­t des Frauenvolk­sbegehrens, das derzeit unterschri­eben werden kann, zu überzeugen. „Wenn es den Frauen gut geht, geht es den Männern gut“, sagte sie zu drei Männern. Die grinsten, nahmen den Zettel und gingen weiter. Und was sagen sie zur neuen SPÖ-Chefin? „Macht eh einen guten Eindruck.“Und dann folgt der Nachsatz: „Aber den hat Kern auch gemacht.“

 ?? [ APA/Punz ] ?? SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner verteilte am Mittwoch in WienMitte Flyer für das Frauenvolk­sbegehren.
[ APA/Punz ] SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner verteilte am Mittwoch in WienMitte Flyer für das Frauenvolk­sbegehren.

Newspapers in German

Newspapers from Austria