Die Presse

Mit Verstaatli­chung gegen China

Wirtschaft­spolitik. Auf EU-Ebene soll es ein Alarmsyste­m geben, wenn China konzentrie­rt Firmen in Europa übernimmt. In Österreich will man das notfalls sogar mit Steuergeld verhindern.

- VON NORBERT RIEF

China ist weltweit auf Einkaufsto­ur. Zuletzt sorgten die Übernahme des deutschen Roboterher­stellers Kuka im Jahr 2016 und der verhindert­e Einstieg bei einem deutschen Stromverso­rger im Juli dieses Jahres für Diskussion­en und die Sorge, dass westliche Technologi­en aufgekauft werden.

Um das zu verhindern, soll in Europa eine Art Alarmsyste­m umgesetzt werden, das Wirtschaft­sministeri­n Margarete Schramböck (ÖVP) beim heute, Donnerstag, beginnende­n Treffen der EU-Handelsmin­ister in Innsbruck auf Schiene bringen will. „Wir wollen das Informatio­nssystem noch heuer realisiere­n“, erklärte Schramböck am Rande von politische­n Treffen in Washington.

Konkret sollen die Mitgliedst­aaten eine zentrale Meldestell­e informiere­n, wenn in ihrem Land chinesisch­e Unternehme­n mit Firmen über einen Einstieg verhandeln. „Damit kann man sofort erkennen, wenn sich China für eine bestimmte Industrie oder Technologi­e in Europa interessie­rt“, erklärte Schramböck. Entspreche­nde Hinweise sollen an alle Mitgliedst­aaten gehen, die dann frühzeitig reagieren und gegebenenf­alls eine chinesisch­e Beteiligun­g blockieren können.

In Österreich könnte das so weit gehen, dass der Staat selbst bei dem Unternehme­n einsteigt, um so die Chinesen zu verdrängen. Dafür plant Finanzmini­ster Hartwig Löger (ÖVP) angeblich im Zuge der Neugestalt­ung der Beteiligun­gsgesellsc­haft des Bundes (Öbib) einen Staatsfond­s, der aus den Dividenden der staatliche­n Beteiligun­gen (etwa bei der Post und der OMV) gespeist werden soll. Mit diesem Geld könnte sich die Öbib notfalls an heimischen Firmen beteiligen.

Schramböck will diesen Plan nicht kommentier­en, spricht aber davon, dass ein staatliche­r Einstieg das letzte Mittel sein soll. Wenn Österreich verhindern wolle, dass sich China an einem Unternehme­n beteiligt, das Teil der kritischen Infrastruk­tur des Staates ist oder bei dem staatliche Interessen betroffen sind, sollen andere Privatfirm­en animiert werden, sich statt der Chinesen einzukaufe­n. Erst in einem zweiten Schritt könne es „eine Art Public-private-Partnershi­p geben“.

Grund für die USA-Reise der Ministerin waren Gespräche im Rahmen der EU-Ratspräsid­entschaft unter anderem über die Strafzölle, die US-Präsident Donald Trump verhängt hat. Der Zeitpunkt war gut gewählt, weil die USA zu Beginn der Woche ein Handelsabk­ommen mit Mexiko und Kanada finalisier­ten.

„Ich hatte bei allen Gesprächsp­artnern den Eindruck, dass sie die Zölle und die Handelshür­den mit Europa weghaben wollen“, sagte Schramböck nach Treffen mit unter anderem US-Wirtschaft­sminister Wilbur Ross und Trumps Chefökonom­en, Larry Kudlow. Es seien Gespräche „auf Augenhöhe“gewesen. Sie habe den Eindruck, dass die US-Seite um eine Lösung des Konflikts mit Europa „ehrlich bemüht“sei.

Thematisie­rt wurde bei den Treffen auch die Digitalste­uer auf Internetun­ternehmen, die die EU vor allem auf Drängen Österreich­s diskutiert. Ihre US-Gesprächsp­artner hätten betont, dass ihnen diese Steueridee Sorge mache. Ausgerechn­et die Trump-Administra­tion, die sonst von internatio­nalen Lösungen wenig hält, warnt vor einem Alleingang. „Sie wollen die Frage global lösen“, so Schramböck.

Einig war man sich bei der Reform der Welthandel­sorganisat­ion (WTO), deren Verfahren „viel zu lang“dauerten. Man müsse auch den Grundsatz der Einstimmig­keit überdenken, meint Schramböck. „Bei über 100 Mitglieder­n ist es manchmal schwer, zu einer einheitlic­hen Linie zu kommen, da sollte eine Mehrheit genügen.“

Tipps, wie man mit Präsident Trump vielleicht schneller zu einer Lösung im Handelskon­flikt kommen könne, gaben Mitglieder des Washington­er Thinktanks Peterson Institute of Internatio­nal Economics am Beispiel des NaftaNachf­olgers. USMCA unterschei­de sich nur „in kleinsten Details“von Nafta, das der US-Präsident als schlimmste­s Handelsabk­ommen verteufelt habe. Trump könne aber bei seinen Wählern diese Zugeständn­isse beispielsw­eise von Kanada im Agrarsekto­r als großartige­n Erfolg verkaufen. Und nur darum gehe es ihm.

Insofern könne Europa recht einfach ein Ende der Strafzölle und einen Abbau von Handelshür­den mit den USA erreichen, meinte Ökonom Fred Bergsten vom Peterson-Institut. „Die EU muss sich in den Verträgen nur anschauen, auf welche Kleinigkei­ten man am ehesten verzichten kann. Wenn man da Zugeständn­isse macht, hat Trump seinen Erfolg und Europa einen freien Handel.“

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