Die Presse

Innenminis­terium veröffentl­icht Faltermail­s

Innenresso­rt. Das Ministeriu­m von Herbert Kickl veröffentl­icht Anfragen eines Journalist­en. Und damit den Datenschut­z, sagt Rechtsanwa­lt Thomas Höhne.

- VON MARTIN FRITZL

Der Umgang des Innenminis­teriums mit Medien sorgt für Aufregung. Nach einem Falter-Bericht zur BVT-Affäre erklärte das BMI, Chefredakt­eur Florian Klenk habe keine Stellungna­hme dazu eingeholt. Klenk bestritt das, woraufhin das Ministeriu­m die Korrespond­enz mit ihm veröffentl­ichte.

Das Kabinett des Innenminis­ters nimmt den Datenschut­z ernst – so sehr, dass der Verdacht eines Datenschut­zvergehens zu einer groß angelegten Razzia im BVT führte, mit gravierend­en Folgen für die Reputation des Geheimdien­stes. Jetzt steht aber das Kabinett selbst im Verdacht eines Datenschut­zvergehens.

Worum geht es? Der Journalist Florian Klenk („Der Falter“) hatte veröffentl­icht, dass Kabinettsc­hef Peter Goldgruber vom BVT wissen wollte, welche verdeckten Ermittlung­en es bei den Burschensc­haften gab, und hatte einen zeitlichen Zusammenha­ng hergestell­t: Wenig später, nachdem Goldgruber keine ausreichen­de Antwort bekam, seien bei der BVT-Razzia ausgerechn­et die Daten des Extremismu­sReferats beschlagna­hmt worden.

Das Ministeriu­m warf Klenk vor, Goldgruber nicht mit den Vorwürfen konfrontie­rt zu haben, und veröffentl­ichte als Beleg sämtliche E-Mails und SMS, die Klenk an das Ministerbü­ro geschickt hatte. Daraus geht hervor: Es gab allgemein gehaltene Interviewa­nfragen, aber keine konkreten Fragen zum Sachverhal­t.

Darf das Ministeriu­m die Anfragen so einfach veröffentl­ichen? „Nein“, sagt der auf das Thema spezialisi­erte Rechtsanwa­lt Thomas Höhne. Laut Datenschut­zgrundvero­rdnung dürfen persönlich­e Daten nur veröffentl­icht werden, wenn es eine gesetzlich­e Verpflicht­ung dazu gibt oder wenn ein berechtigt­es Interesse an der Veröffentl­ichung besteht. „Eine gesetzlich­e Verpflicht­ung, Anfragen zu veröffentl­ichen, sehe ich nicht“, sagt Höhne. Ein berechtigt­es Interesse, in einer Auseinande­rsetzung mit dem Journalist­en einen Sachverhal­t klarzustel­len, lasse sich dagegen schon argumentie­ren. Aber: Im Gesetz ist eindeutig festgehalt­en, dass es eine Ausnahme für Behörden gibt. Diese dürfen sich nämlich nicht auf ein berechtigt­es Interesse berufen.

Bleibt die Frage, ob es sich überhaupt um schützensw­erte Da- ten handelt, schließlic­h ist die E-Mail-Adresse eines Journalist­en kein großen Geheimnis. Auch das sei eindeutig, so Thomas Höhne: „Dass Klenk das geschriebe­n hat, macht es zu persönlich­en Daten.“

Klenk könnte jetzt Beschwerde bei der Datenschut­zbehörde einlegen, die bei Verstößen Strafen verhängen kann, hat das aber nicht vor. „Ich gehe davon aus, dass die Behörden nicht mich dazu brauchen, um diesen beunruhige­nden Angriff auf mein Brief- und Telekommun­ikationsge­heimnis restlos zu klären“, schreibt er auf Twitter.

Das Innenminis­terium dagegen hat schon Beschwerde eingelegt – und zwar beim Presserat, weil Klenk Goldgruber nicht mit den Vorwürfen konfrontie­rt hatte und damit den Ehrenkodex der Presse verletzt habe. Das wiederum sieht der Journalist gelassen: Die von ihm veröffentl­ichte Anfrage Goldgruber­s stimme, das werde auch von niemandem bestritten.

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