Dreieinhalb Jahre Haft für Ex-Rechtsanwalt
Prozess. Rumänische Einbrecher stahlen einer alten Frau 20 Goldbarren im Wert von mehr als 700.000 Euro – bei dem Coup spielte ein Anwalt eine Hauptrolle. Nun wurde der Jurist verurteilt.
Ein ehemaliger Wiener Rechtsanwalt, der am Diebstahl von 20 Kilogramm Gold im Wert von 700.000 Euro beteiligt war, ist dafür in Wien zu dreieinhalb Jahren unbedingter Haft verurteilt worden. Der 42-Jährige akzeptierte das Urteil. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
„Ich habe Schande über meinen Berufsstand gebracht. Ich bereue das zutiefst. Ich bin voll schuldig.“So ein Geständnis hört man bei Strafprozessen selten. Doch nicht nur das Geständnis ist außergewöhnlich. Das gesamte Verfahren ist es: Ein Anwalt beteiligte sich an einem „GentlemanCoup“– tat sich mit rumänischen Einbrechern zusammen, die einer älteren Frau in Wien 20 Goldbarren stahlen.
Der Anwalt ist mittlerweile ein Ex-Anwalt. Nunmehr arbeitet der 42-jährige als Hausarbeiter und Stockschreiber in der Justizanstalt Wien-Josefstadt. Am Mittwoch wurde er wegen Beteiligung am schweren Einbruchsdiebstahl verurteilt. Die (noch nicht rechtskräftige) Strafe: dreieinhalb Jahre Gefängnis. Und auch das gleich vorweg: Von dem Gold bekam der Jurist (entgegen seinen naiven Erwartungen) – gar nichts. Die Beute wurde vermutlich nach Rumänien verfrachtet. Die (unbeteiligte) No- chehefrau des Bandenführers sagte als Zeugin: „Ich glaube nicht, dass von der Beute noch etwas übrig ist.“
Warum tut ein Anwalt das? Der Verteidiger des Angeklagten, Werner Tomanek, schlug ein fragwürdiges Alternativverhalten vor: „Normalerweise hat man in dem Alter eine Midlife-Crisis, kauft sich eine Harley und nimmt sich eine 18-jährige Geliebte.“Die Welt des auf Anlegerrecht spezialisierten Ex-Anwalts sieht aber ganz anders aus: Der Jurist (einst vertrat er übrigens einen Klienten, der mittlerweile Angeklagter im BuwogProzess ist) stammt aus gutem Haus und liebt Opern. Tomanek: „Ein Schöngeist.“
Auf einer 2016 für Opernfreunde veranstalteten Busreise von Wien nach Dresden (Angeklagter: „Dort spielten sie ,Lohengrin‘ mit Anna Netrebko“) lernte der damals noch voll aktive Anwalt das spätere Opfer kennen. Eine Freundschaft unter Opernfans begann.
Ein anderer Bekannter war damals ein gewisser K. aus Rumänien, ein Mann mit zweifelhaftem Ruf. Der Anwalt, der mittlerweile in vertraulichen Gesprächen von der älteren Dame erfahren hatte, dass diese Gold zu Hause lagere, erzählte eben dies weiter. K. war sehr interessiert. Ein gemeinsamer Plan wurde geschmiedet. Erklärungsversuch von Verteidiger Tomanek: „Der Zugang zu der Bande von K. hat ihn fasziniert. Es war das Prickeln des Verbotenen.“
Der Angeklagte: „K. hat mich verführt. Es war der größte Fehler meines Lebens.“Und dieser sah so aus: Der Anwalt lockte das 78-jährige Opfer in seine Wohnung – offiziell war es eine Einladung zur Jause. Dabei nahmen K. und ein Komplize, die sich in der Wohnung versteckt hatten, unbemerkt den Wohnungsschlüssel der Frau an sich und suchten deren Wohnung auf. Sie durchsuchten diese intensiv, bohrten sogar Löcher in die Wände – fanden aber kein Gold. Das war am 23. September 2017. Nachdem das Opfer den Einbruch bemerkt hatte, wandte es sich hilfesuchend an den Anwalt. Dieser beschwichtigte die Frau. Und startete zwei Wochen später einen weiteren Anlauf. Die Bande und der Anwalt entschlossen sich bei einer Unterredung in einer Pizzeria namens Dolce Vita (!), die 20 Barren doch noch zu stehlen. Der Angeklagte: „K. sagte, er wolle es gentlemanlike machen.“
Diesmal klappte es. Kein Wunder. Der Anwalt hatte der Frau zuvor das genaue Versteck entlockt. Das Gold war in einem eigens gebauten Geheimfach eines Schranks. Geteilt wurde dann aber nicht. Die Beute – Wert: mehr als 700.000 Euro – ist bis heute verschwunden. Die Einbrecher sind in Rumänien untergetaucht.
Was er denn nach seiner Haft tun werde, wollte Richterin Andrea Philipp-Stürzer wissen. Die Antwort brachte Prozesszuschauer zum Schmunzeln: „Ich geh heim zur Mama.“Und: „Ich werde schon wieder Arbeit finden.“