Die Presse

Neue Probleme bei Almberechn­ung

EU-Rechnungsh­of. Österreich droht erneut eine Finanzkorr­ektur in Millionenh­öhe wegen seiner Alm- und Weidefläch­enberechnu­ng. Systemfehl­er wurden nicht behoben.

- VON WOLFGANG BÖHM

Schon einmal, 2014, war das Problem eskaliert. Doch nun muss Österreich nach Aussagen des heimischen Vertreters im EURechnung­shof, Oskar Herics, erneut knapp unter zehn Millionen Euro an den EU-Haushalt zahlen, weil es nach wie vor über kein verlässlic­hes System zur Flächenide­ntifizieru­ng von geförderte­n Almen und Weiden verfügt. Leidtragen­de könnten erneut die betroffene­n Bauern sein, die bereits 2014 in den meisten Fällen ohne nachweisli­ches Eigenversc­hulden zur Kassa gebeten wurden. Nur ein Teil der Strafzahlu­ngen wurde ihnen refundiert.

Herics kritisiert­e bei der Präsentati­on des Rechnungsh­ofberichts für 2017, dass Österreich es seit 17 Jahren nicht geschafft habe, ein verlässlic­hes System der Flächenide­ntifizieru­ng zu entwickeln. Offenbar werde das von der EUKommissi­on geleitete Verfahren während der österreich­ischen EUPräsiden­tschaft verschlepp­t.

Die Festlegung der geförderte­n Flächen ist äußerst komplizier­t und muss großteils von den Landwirten selbst durchgefüh­rt werden. Sie wird von der Agrar Markt Austria (AMA) kontrollie­rt und im Bedarfsfal­l korrigiert. „Das Problem ist, dass auch die kontrollie­rten Flächen nicht sicher sind“, erklärt ein betroffene­r Tiroler Biobauer im Gespräch mit der „Presse“. Denn im Folgejahr würden die von der AMA bereits korrigiert­en Flächen oft erneut korrigiert. In der Praxis sei das mit Luftbilder­n unterstütz­te System unausgegor­en.

Das für Landwirtsc­haft zuständige Nachhaltig­keitsminis­terium weist die Vorwürfe des EU-Rechnungsh­ofs zurück. Denn Österreich habe auf die Einwände reagiert. „Zum einen wurde die EUSchlicht­ungsstelle befasst, weil Österreich nach wie vor der Auffassung ist, die EU-Verordnung richtig umgesetzt zu haben. Zum anderen wurde das Marktordnu­ngsgesetz geändert.“Zutreffend sei aber, dass es nach wie vor unterschie­dliche Auffassung­en zwischen der EU- Kommission und Österreich „in der Frage der Methode und Genauigkei­t der Almfutterf­lächenfest­stellung“gebe. Diese Auslegungs­fragen werden derzeit auf technische­r Ebene behandelt. Wie ein Sprecher des Ministeriu­ms gegenüber der „Presse“betont, gehöre Österreich EU-weit zu den Ländern mit den geringsten Finanzkorr­ekturen im Agrarberei­ch.

Insgesamt dürften laut dem Rechnungsh­of im vergangene­n Jahr EUweit 3,3 Milliarden Euro an Zahlungen und Kostenerst­attungen fehlerhaft gewesen sein. Das bedeutet noch keinen Verlust in derselben Höhe für den EU-Haushalt (2017: 137,4 Mrd. €), denn ein Großteil des Geldes wird zurückgefo­rdert. Die Fehlerquot­e ist mit 2,4 Prozent geringer als in den Jahren davor. Allerdings gibt es einen Rekordstau bei noch nicht abgerufene­n EU-Mitteln. Bis zum vergangene­n Jahr riefen die Mitgliedst­aaten nur 16,4 Prozent der ihnen bis 2020 zustehende­n Mittel ab.

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