AKH-Affäre: Ehrenrat prüft
Medizin. Die Ärztekammer schaltet in der Affäre um verfälschte Operationsprotokolle im AKH ein Prüfgremium ein: den Ehrenrat.
Wien. Im Fall des AKH-Chirurgen, der wegen falsch ausgefüllter Operationsprotokolle suspendiert worden ist, wird von der Ärztekammer ein zusätzliches Kontrollorgan aktiviert. Nachdem die Med-Uni Wien eine Sonderkommission eingesetzt hat, ist nun auch der sogenannte Ehrenrat am Zug. Dieser steht unter dem Vorsitz des Präsidenten des Oberlandesgerichts Innsbruck, Klaus Schröder. Im „Presse“-Gespräch erklärt Schröder: „Wir prüfen nun, ob bei dem betreffenden Arzt die im Ärztegesetz vorgeschriebene Vertrauenswürdigkeit noch gegeben ist.“
Wie berichtet hat die fünfköpfige Soko der Med-Uni Wien zu den Vorfällen an der Universitätsklinik für Chirurgie (im AKH) erklärt, dass sich „die Verdachtsmomente gegen den Arzt erhärtet“hätten. Zumindest seit 2014 soll der betroffene Chirurg angeordnet haben, dass Operationsprotokolle falsch ausgefüllt werden – nämlich so, dass er selbst als Operateur aufscheint, obwohl er gar nicht im AKH anwesend war. Der Verdacht besteht, dass der Arzt zeitgleich – gewinnbringend – in einem Privatspital operiert hat. Dies wird aber von dem Betroffenen im „Presse“Gespräch ausdrücklich bestritten.
Der Ehrenrat, der eben aus Schröder und zwei Ärzten besteht, lässt sich nun sämtliche Unterlagen kommen. Das Gremium, formal gesehen ein Hilfsorgan der Ärztekammer, leitet somit ein eige- nes Ermittlungsverfahren ein. Am Schluss steht eine regelrechte Verhandlung – insofern legt die Ärzteschaft Wert darauf, dass der Ehrenratsvorsitzende richterliche Berufserfahrung hat.
Entscheid über Streichung
Inhaltlich geht es um sehr viel. Schröder: „Es könnte eine Empfehlung des Ehrenrats an die Ärztekammer ergehen, den betroffenen Chirurgen aus der Ärzteliste zu streichen.“Freilich könnte der Rat auch zu dem Schluss kommen, dass eine Streichung des Mediziners ungerechtfertigt sei. Das letzte Wort hat jedenfalls die Kammer.
Deren Präsident, Thomas Szekeres, sagte zur „Presse“, er verstehe nicht, warum der betroffene Arzt – laut derzeitiger Verdachtslage – Operationsprotokolle verfälscht hat bzw. dies möglicherweise veranlasste. „Ich verstehe den Hintergrund nicht. Mir ist nicht klar, was der Nutzen des Kollegen sein soll.“Andere derartige Fälle seien ihm jedenfalls noch nicht untergekommen.
Nebenbeschäftigungen von Ärzten einer Uni-Klinik seien ja nicht prinzipiell verboten. Allerdings seien sie klar geregelt. Demnach dürften diese Nebentätigkeiten, also zum Beispiel die Arbeit in einer eigenen Ordination oder eben Operationen in Privatspitälern, nicht mehr als zehn Stunden pro Woche umfassen. Sie müssten außerhalb der Dienstzeit stattfinden. Und seien meldepflichtig. Der Ärztekammerpräsident: „Die we- nigsten von uns haben signifikante Nebenbeschäftigungen.“Ebendiese seien in aller Regel von Vorteil für die Patienten, da Ärzte in Privatpraxen mehr Zeit für Beratung hätten.
Laut Szekeres stehe es außer Frage, dass Operationsprotokolle korrekt ausgefüllt sein müssen. Denn: „Sie sind Teil der Krankengeschichte. Und die Krankengeschichte ist für den Patienten zugänglich.“Nachsatz: „Der Patient muss wissen, wer ihn operiert hat.“
Dieses Thema hatte, wie berichtet, auch Patientenanwältin Sigrid Pilz aufgegriffen. Sie sagte: „Es sind viele Fragen offen. Was haben die Patientinnen (es handelte sich bei den betreffenden Operationen vielfach um Brustkrebspatientinnen, Anm.) gewusst? Wie wurden sie informiert?“
„Mehrheit hat Vertrauen“
Diese Informationspflicht ist ein heikler Punkt – zumal ein in Narkose liegender Patient natürlich nicht wissen kann, was unmittelbar passiert. Dazu ergänzt Szekeres: „Es sind oft auch mehrere Operateure am Werk. Im gegenständlichen Fall muss auch das alles geprüft werden.“
Auf die Frage, ob die Kammer im Zuge dieser Affäre einen Vertrauensverlust der Patienten befürchten müsse, antwortete der Präsident: „In Österreich gibt es 45.000 Ärzte. Die überwiegende Mehrheit genießt das Vertrauen der Patienten. Man kann nicht von einem Fall auf andere schließen.“