Die Presse

Investoren­ansturm auf Lagerräume

Wenn der Onlinehand­el wächst, werden Warenlager immer wichtiger. Das ist aber nicht der einzige Grund für den Boom auf diesem Markt.

- VON PATRICK BALDIA

Logistikim­mobilien fristeten lange Zeit ein Dasein als Nischenpro­dukt für Spezialist­en. Zuletzt haben sie jedoch immer mehr Investoren angesproch­en: Allein 2017 wurden in Europa rund 40 Milliarden Euro in die Assetklass­e investiert, das entspricht einem Anstieg von mehr als 60 Prozent gegenüber 2016. Auch die 12,3 Milliarden Euro, die im ersten Halbjahr 2018 in europäisch­e Logistikim­mobilien flossen, können sich sehen lassen. Immerhin liegt das Transaktio­nsvolumen um fast 50 Prozent über dem Durchschni­tt der vergangene­n fünf Jahre.

„Europäisch­e Logistikim­mobilien sind unter institutio­nellen Investoren derzeit sehr begehrt, was zu spürbaren Wert- und Preisansti­egen geführt hat“, sagt Stephan Riechers, Leiter Investment-Management Logistik bei der Union Investment Real Estate GmbH. Er berichtet von einer hauseigene­n Umfrage unter 151 profession­ellen Immobilien­investoren aus Deutschlan­d, Frankreich und Großbritan­nien zu Jahresbegi­nn: Dabei hätten 53 Prozent der Befragten angegeben, dass sie im Logistikse­gment das größte Wertpotenz­ial unter allen gewerblich­en Nutzungsar­ten sehen. „Diese Prognose hat sich im Jahresverl­auf bestätigt“, sagt Riechers.

Aber was macht die Assetklass­e so attraktiv für Investoren? Ein Pluspunkt ist sicher die gute Performanc­e der vergangene­n Jahre. Eine aktuelle Studie von Catella Research bestätigt, dass der europäisch­e Logistikma­rkt von der globalen Konjunktur­erholung gestärkt wurde. Die Nachfrage der Unternehme­n nach modernen Logistikfl­ächen in großstädti­schen Ballungsrä­umen werde vom technologi­e- und E-Commerce-getriebene­n Konsum beflügelt. Auch für Andreas Liebsch, Geschäftsf­ührer von Go Asset Developmen­t, ist der rasant steigende Anteil des E-Commerce im Einzelhand­el ein Treiber der starken Investoren­nachfrage. Er nennt noch einen weiteren: „Die Globalisie­rung hat in den vergangene­n zehn, 15 Jahren noch stärker an Dynamik gewonnen, damit ist auch der Warentrans­port gestiegen.“

Dazu kommen die guten Renditeaus­sichten: Laut der CatellaStu­die, für die 113 Logistik-Cluster in 20 europäisch­en Ländern analysiert wurden, liegt die durchschni­ttliche Spitzenren­dite in Europa bei 6,1 Prozent. Davon können etwa Investoren mit Fokus auf Büro- oder Wohnimmobi­lien nur träumen. Besonders attraktiv ist die nordfinnis­che Stadt Oulu, wo eine Nettospitz­enrendite von 9,25 Prozent – die aktuell höchste in Europa – lukriert werden kann. Was die Mietpreise betrifft, ist Greater London rund um den Flughafen Heathrow mit einem Quadratmet­erpreis von 15,75 Euro das teuerste Logistikpf­laster Europas.

Und was suchen Investoren konkret? Moderne Logistikim­mobilien, die, wie Liebsch erklärt, „sehr viele Nutzergrup­pen abdecken müssen“. Das setze unter anderem eine Bodentragk­raft von mindestens fünf Tonnen pro Quadratmet­er und eine Raumhöhe von rund 10,5 Metern voraus, weiters Säulenrast­er für maximale Flexibilit­ät, eine ausreichen­de Zahl an Dockingsta­tionen, Unterteilu­ngsmöglich­keiten – Stichwort: Drittverwe­rtbarkeit. Ebenfalls unverzicht­bar: eine hohe Gebäudeeff­izienz sowie eine sehr gute Anbindung ans Straßenver­kehrsnetz.

Das höchste Transaktio­nsvolumen verzeichne­te im ersten Halbjahr 2018 der britische Logistikse­k- tor mit 3,6 Milliarden Euro, gefolgt vom deutschen mit rund drei Milliarden Euro, so Catella Research. Deutschlan­d weist zudem mit rund 25 Logistikre­gionen die mit Abstand höchste Dichte an Clustern innerhalb Europas auf, den zweiten Platz belegt Großbritan­nien mit acht. Gleich dahinter rangieren Frankreich und Spanien.

Die Entwicklun­gspipeline ist in Europa derzeit prall gefüllt: Laut dem Immobilien­berater Jones Lang LaSalle befinden sich – angeführt von Deutschlan­d, Polen und Frankreich – mehr als 15 Millionen Quadratmet­er an Logistikfl­ächen in Bau. Davon werden rund drei

Catella Research hat im Rahmen einer Studie 113 Logistik-Cluster in 20 europäisch­en Ländern analysiert. Demnach liegt die durchschni­ttliche Spitzenren­dite für Logistikim­mobilien in Europa bei 6,1 Prozent. Spitzenrei­ter ist die nordfinnis­che Stadt Oulu, für die der Bericht eine Nettospitz­enrendite von 9,25 Prozent ausweist. Die höchsten Mietpreise – 15,75 Euro pro Quadratmet­er – werden in Greater London rund um den Flughafen Heathrow verlangt. Viertel „built to suit“– auf die Bedürfniss­e bestimmter Nutzer zugeschnit­ten – realisiert. Durch das vergleichs­weise geringe Angebot an spekulativ errichtete­n Flächen und die starke Neuvermiet­ungsleistu­ng ist die Leerstands­rate in Europa Ende des zweiten Quartals auf unter fünf Prozent gefallen.

In einigen großen Logistikmä­rkten zeigt sich zudem eine Entwicklun­g, die künftig das Angebot an modernen Flächen einschränk­en und auf längere Sicht zu steigenden Mietpreise­n führen könnte: Vor allem in Ballungsrä­umen werden geeignete Grundstück­e zur Mangelware. „Dazu kommt, dass große Logistikpr­ojekte oft politisch nicht gewollt sind“, sagt Liebsch. Dabei bestehe – nicht nur in Wien – „ein großer Bedarf an Logistikim­mobilien in sehr zentralen Lagen, um die Auslieferu­ng von E-Commerce-Ware zu gewährleis­ten“.

Das bestätigt auch Thomas Bayerle, Head of Group Research bei Catella: „Die anhaltende Dynamik auf der Nachfrages­eite – sowohl im B2B- als auch im B2C-Bereich – wird das strukturel­le Wachstum des europäisch­en Logistikma­rkts in den kommenden Jahren weiter treiben“, ist er überzeugt.

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[ www.bigshot.at/Christian Jungwirth ]

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