Die Presse

OMV: Eine Niederlage, die kaum schmerzt

Analyse. Das geplante Tauschgesc­häft mit der russischen Gazprom ist geplatzt. Die OMV wird sich stattdesse­n mit Cash in Sibirien einkaufen. Es ist nicht das geplante Happy End der Russland-Story, kommt dem Konzern aber gar nicht ungelegen.

- VON MATTHIAS AUER

Wien. Dieses Geschäft stand unter keinem guten Stern. Als 2015 bekannt wurde, dass die OMV ein Stück des teilstaatl­ichen Konzerns gegen einen Viertelant­eil an einem sibirische­n Gasfeld der Gazprom eintausche­n will, sah halb Österreich schon „unsere“Raffinerie Schwechat in russische Hände verschwind­en. Und als später klar wurde, dass Moskau stattdesse­n ein Stück an der norwegisch­en OMV-Tochter erhalten soll, legte sich eben Oslo gegen den Eindringli­ng aus dem Osten quer.

Mit Erfolg. Seit Mittwochab­end ist das umstritten­e Tauschgesc­häft mit dem russischen Staatskonz­ern vom Tisch. Stattdesse­n werde die OMV den 24,98-Anteil am westsibiri­schen Urengoi-Feld eben in bar bezahlen, verkündete­n OMVChef Rainer Seele und GazpromChe­f Alexei Miller in St. Petersburg. Der genaue Kaufpreis müsse noch „in guter Absicht“verhandelt werden. Spätestens Anfang 2019 soll der Deal stehen, ein Jahr später die Produktion starten. Ist das nun eine Schlappe für die Russland-Strategie des OMV-Generals oder ein eleganter Ausweg aus einer unangenehm­en Situation? Das liebe Geld. Eine der drängendst­en Fragen ist: Kann sich die OMV diese Expansion nach Russland leisten? Immerhin hatte Rainer Seele das Tauschgesc­häft 2015 nicht ohne Grund angeregt. Damals strotzte die OMV mit einem Schuldenst­and von vier Milliarden Euro nicht unbedingt vor Liquidität. Ein harter Sparkurs und der Verkauf etlicher Tochterunt­ernehmen hat das aber gründlich geändert. Zum Halbjahr hatte die OMV noch 2,8 Milliarden Euro Schulden bei 2,9 Milliarden Barreserve­n. Die Verschuldu­ngsquote liegt bei guten zwanzig Prozent.

Zehn Milliarden Euro hat das Unternehme­n für Zukäufe bis 2025 eingeplant. Der Einstieg in Urengoi geht sich damit locker aus. Zum Vergleich: Im Frühjahr ist die OMV um 1,7 Milliarden Euro beim russisches Gasfeld Juschno-Russkoje eingestieg­en. Trotz ähnlicher Reserven sind die beiden Felder aber kaum zu vergleiche­n. Denn während in Juschno-Russkoje eine laufende Produktion gekauft wurde, muss die OMV das Feld in Urengoi erst entwickeln. Der geplante Produktion­sstart wurde erst kürzlich auf 2020 verschoben. Insider rechnen daher damit, dass der Kaufpreis letztlich „klar unter einer Milliarde Euro“zu liegen kommen werde. Ob die OMV diesen Betrag aus dem Cashflow bezahlen kann, ist angesichts eines schwachen ersten Halbjahrs allerdings noch offen. Russisches Roulette. Ist das Geschäft so gut, wie es Rainer Seele zum Amtsantrit­t versproche­n hat? Der hohe Ölpreis und die US-Sanktionen haben Seeles Russland-Strategie zuletzt geschadet. Seit Jahresbegi­nn verlor das Unternehme­n gut sechs Prozent an Wert, während seine Mitbewerbe­r zulegen konnten. Allerdings sind die Förderkost­en und Steuern in Russland extrem niedrig. Das hilft dem Unternehme­n, seine Produktion­skosten pro Fass zu halbieren. Mit einer geplanten Fördermeng­e von 80.000 Fass am Tag und rund 560 Millionen Fass unter der Erde wird Urengoi auch die Reservenpo­sition der OMV stärken. Negativ wirken sich neben politische­n Risken auch manche Vertragsbe­dingungen mit Gazprom aus: Die OMV muss das Gas deutlich unter dem europäisch­en Preis direkt an den russischen Konzern verkaufen. Sonderlich­e Lust auf weitere Abenteuer in Sibirien verspürt Seele ohnedies nicht. Im August erklärte er „den Hauptteil der Expansion nach Russland“mit Abschluss des Tauschgesc­häfts für beendet.

Die Rolle der Norweger. Dass der Deal in seiner ursprüngli­chen Form geplatzt ist, liegt zu einem Gutteil an Oslo. Die norwegisch­e Regierung leistete heftigen Widerstand gegen den Plan, 38,5 Prozent an OMV Norge an Gazprom abzutreten. „Wir müssen sicherstel­len, dass wir als Alternativ­e zu Russland wahrgenomm­en werden“, erklärte Terje Søviknes, damals Energiemin­ister des größten Gas- produzente­n Europas, im Sommer. Moskau, so die Befürchtun­g, werde Gas als politische Waffe einsetzen. Noch im September hatte OMV-Chef Seele gehofft, den neuen Energiemin­ister Kjell-Børge Freiberg an Bord holen zu können. Letztlich vergebens.

Mit der jetzigen Lösung räumt die OMV ein weiteres Problem aus dem Weg. Bis zuletzt konnte sich der Konzern nicht mit Moskau einigen, wer wie viele Posten in der gemeinsame­n Firma in Norwegen besetzen dürfe. Das ist mit der simplen Kaufvarian­te geklärt. Auch die Unsicherhe­it, ob das Geschäft wie geplant, zu spät oder gar nicht zustande kommt, ist beendet. Anleger reagierten positiv auf die Nachricht. Die OMV-Aktie konnte an der Wiener Börse deutlich zulegen.

 ?? [ Reuters ] ?? OMV-Chef Rainer Seele (l. vorn) und Gazprom-Chef Alexei Miller haben wieder einen (neuen) Plan. Rückendeck­ung gibt es von Sebastian Kurz und Wladimir Putin.
[ Reuters ] OMV-Chef Rainer Seele (l. vorn) und Gazprom-Chef Alexei Miller haben wieder einen (neuen) Plan. Rückendeck­ung gibt es von Sebastian Kurz und Wladimir Putin.

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