EuGH-Generalanwalt: EZB-Anleihenkäufe rechtens
Das Programm verstoße nicht gegen das Verbot der Staatsfinanzierung, argumentiert der Anwalt.
Für die Gegner der umstrittenen Anleihenkäufe durch die Europäische Zentralbank (EZB) zeichnet sich eine juristische Niederlage ab. Generalanwalt Melchior Wathelet schlug dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag in seinem Schlussantrag vor, die vor allem in Deutschland kritisierte Praxis für rechtens zu erklären. „Das Programm verstößt nicht gegen das Verbot der monetären Staatsfinanzierung und geht nicht über das Mandat der EZB hinaus“, begründete Wathelet seine Einschätzung.
Die Schlussanträge des Generalanwalts sind für den Gerichtshof zwar nicht bindend, doch geben sie in der Regel die Richtung vor. Ein Urteil wird in drei bis sechs Monaten erwartet.
Das deutsche Bundesverfassungsgericht hatte im Sommer 2017 den Themenkomplex dem EuGH zur Prüfung vorgelegt. Die Karlsruher Richter hegen Zweifel daran, dass die Transaktionen gegen das Verbot der monetären Staatsfinanzierung verstoßen. Gegen das Programm hatten der AfDGründer, Bernd Lucke, der frühere CSU-Politiker Peter Gauweiler und der Berliner Professor Markus Kerber geklagt.
Die Transaktionen – auch Quantitative Easing genannt – waren in den vergangenen Jahren das zentrale Kriseninstrument der EZB, um in der Finanz- und Wirtschaftskrise die Konjunktur anzuschieben und die Inflation nach oben zu treiben. Inzwischen läuft die Wirtschaft in Europa wieder besser. Daher hat die EZB das Monatsvolumen der Anleihekäufe ab Oktober von bisher 30 auf 15 Mrd. Euro reduziert. Zum Jahresende werden die Käufe eingestellt. Das Gesamtvolumen wird bis dahin rund 2,6 Billionen Euro betragen.
Der Generalanwalt argumentierte, dass der Kauf der Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt nicht die gleiche Wirkung entfalte wie ein direkter Erwerb von öffentlich-rechtlicher Hand. Das Programm „biete hinreichende Garantien“, damit Emissionsbedingungen für Staatsanleihen nicht dadurch verfälscht würden, dass diese nach ihrer Ausgabe durch das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) erworben würden. So dürfe maximal ein Drittel einer einzelnen Emission vom ESZB gehalten werden. Auch gebe es eine einzuhaltende Mindestfrist, die zwischen der Ausgabe der Schuldtitel und dem Ankauf auf dem Sekundärmarkt liege.
Für abwegig hält der Generalanwalt die Kritik, wonach das Kaufprogramm den Anreiz der Euroländer zu einer gesunden Haushaltspolitik dämpfe. Derzeit sei lediglich noch gegen Spanien ein Verfahren wegen übermäßiger Neuverschuldung anhängig, während es im Jahr 2011 noch 24 EUMitgliedsländer gewesen seien. „Diese objektive Lage deutet darauf hin, dass die Mitgliedstaaten der Eurozone eine gesunde Haushaltspolitik verfolgen“, so der Generalanwalt. (Reuters)