Gourmet-Guide: Die Angst der Politik vor der Spitzengastronomie
Kulinarik. Am Donnerstag wurde der „A la Carte Guide 2019“präsentiert: An der Spitze nichts Neues, Fabian Günzels Aend ist die Neueröffnung des Jahres.
Auch wenn es manchmal langweilig klingen mag, aber zur Spitze gehört Beständigkeit. Deshalb ist es keine Überraschung, dass im neuen Gourmet-Guide 2019 von „A la Carte“, der am Donnerstag präsentiert wurde, auch diesmal Heinz Reitbauer und Andreas Döllerer zu den besten Köchen des Landes gekürt wurden (mit fünf Sternen und 99 von 100 Punkten – die volle Punktezahl wird aus Prinzip nie vergeben). Dicht gefolgt von den üblichen Verdächtigen: Konstantin Filippou, Thomas Dorfer, Simon Taxacher und Silvio Nickol (alle 98 Punkte, fünf Sterne) sowie Markus und Lukas Mraz und Rudolf Obauer (97 Punkte, fünf Sterne).
Es gibt dennoch Überraschungen und gewisse Trends, die sich aus dieser Wertung ablesen lassen. So wurde Fabian Günzels neues Lokal, Aend, zur Neueröffnung des Jahres gekürt (89 Punkte, vier Sterne). „Das muss man loben und preisen, wenn jemand sein eigenes Geld in die Hand nimmt und den Mut hat, ein solches Lokal mit diesem Anspruch und Styling zu eröffnen. Das ist ganz einfach schön“, sagt Christian Grünwald, Herausgeber von „A la Carte“. Auch wenn das Lokal neu ist, Günzel ist es natürlich nicht. Er hat schon im Restaurant Das Loft im Sofitel drei Sterne erkocht.
Zur Entdeckung des Jahres wurde Peter Pichler mit dem Restaurant Gaumenkitzel im Molzbachhof in Kirchberg am Wechsel gewählt (79 Punkte, drei Sterne). Pichler hat zuvor im Taubenkobel und bei Andreas Döllerer gekocht und den Molzbachhof zu einem Naturparadies inklusive Kräutergarten und kreativer Küche umgestaltet.
„Was auffällt, ist, dass die Schere zwischen der echten Spitze und dem Rest größer wird“, meint Grünwald. Besonders deutlich werde das bei „Schnäppchenmenüs“, wie er es nennt, bei denen im mittleren Segment billige Zutaten aus dem Gastrogroßhandel verwendet werden, etwa langweilige, dünne Fischfilets oder geschmacksneutrales Hühnerfleisch. „Da definiert sich die Gastronomie über die Herkunft, und gleichzeitig werden zugunsten einer guten Preisoptik billige Produkte eingekauft.“Hier sei der Gast mehr gefordert, um die Herkunft der Zutaten zu hinterfragen.
Was noch auffällt: Ein legeres Zweitlokal gehört bei der heimischen Spitzengastronomie einfach dazu: Döllerers Wirtshaus, Filippous O boufes´ oder Wallners Bistro Südsee sind nur ein paar Beispiele. Das hat einerseits personelle und wirtschaftliche Gründe. Andererseits dienen diese legeren Lokale, die international unter dem Stichwort Bistronomy zusammengefasst werden, zur Überwindung der Schwellenangst, die hierzulande gegenüber der gehobenen Gastronomie immer noch besteht.
Besonders sei diese Schwellenangst derzeit bei der Regierung zu be- D+R Holding, inklusive Weinführer, 864 Seiten, 30 Euro.
Andreas Döllerer, Heinz Reitbauer (jeweils 5 Sterne, 99 Punkte) Cuisino in Kitzbühel (2 St., 76 Pkt.), Aqarium in Geinberg (3 St., 79 Pkt.) At Eight (1 St., 66 Pkt.), Das Loft (3 St., 79 Pkt.) Auwirt (3 St., 79 P.) obachten, meint Grünwald. „Wir hatten in den letzten 30 Jahren noch nie eine Politikbesetzung, die die heimische Spitzengastronomie so komplett blockiert.“Nicht nur, dass Politiker selbst gehobene Restaurants meiden – aus Angst um ihr Image. Auch die offizielle Unterstützung, um Österreich als ein Land des Genusses, auch in der Spitzengastronomie, zu präsentieren, fehle. „Wir reden übers Rauchen im Wirtshaus, aber über die individualisierte Landwirtschaft und über Initiativen, die die heimische Spitzenküche hervorhebt, wird nicht gesprochen.“Während anderswo die gehobene Küche als Kulturgut gelte, sei das hierzulande nicht der Fall. „Es wird viel lamentiert, dass in Skandinavien so viel passiert, aber sie werden zumindest indirekt unterstützt.“
Vielleicht ist aber gerade das der Grund, warum viele Köche insofern recht selbstbewusst auftreten, als sie nur noch ein Menü anbieten und dem Gast relativ wenig Wahlmöglichkeit lassen. Grünwald dazu: „Dieses Selbstbewusstsein wird mehr, aber ich glaube, dass das die Köche und die Gastronomie auch brauchen.“