Die Presse

„Guter Wein regt zum Nachdenken an“

Katharina Tinnacher. Die Winzerin aus der Südsteierm­ark zeigt, dass man ein Weingut modern und zeitgemäß führen und dennoch in Generation­en denken kann.

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Jetzt klingt Katharina Tinnacher wieder etwas entspannte­r. „Am Samstag sind wir mit der Weinlese fertig geworden“, erzählt sie. „Es ist ein kleiner, aber hervorrage­nder Jahrgang geworden“, sagt sie weiter. Während nämlich viele in Österreich über die Trockenhei­t und die große Hitze klagten, gab es in Gamlitz in der Südsteierm­ark viel Regen. Und für einen Bioweinbau­betrieb wie Lackner-Tinnacher bedeutet Feuchtigke­it akribische Arbeit in den Weingärten.

Seit fünf Jahren leitet Tinnacher das Familienwe­ingut. Seit einem Vierteljah­rtausend gibt es den Betrieb. „Weinbau ist ein Generation­envertrag. Ohne die Vorarbeit meiner Eltern ginge das alles nicht.“Die junge Winzerin denkt in Generation­en und leitet ein modernes Weingut. Erst vor einem Jahr wurde die neue Vinothek eröffnet. „Da ist es ganz praktisch, dass meine Schwester Architekti­n ist“, scherzt sie. Dass sie einmal das Weingut übernehmen wird, war nie programmie­rt.

„Ich wurde nie gedrängt.“Und tatsächlic­h träumte Katharina Tinnacher von einem Leben in der Welt der Kunst. „Ich wollte eine Galerie leiten.“Schließlic­h studierte sie doch auf der Universitä­t für Bodenkultu­r, setzte einen Diplominge­nieur in Pflanzenwi­ssenschaft drauf und sammelte Erfahrung auf renommiert­en Weingütern in Deutschlan­d und Frankreich. Und eines Tages habe ihr Vater gemeint: „Mehr als 40 Ernten sind genug für ein Leben.“Er übergab die Leitung des knapp 30 Hektar großen Weinguts.

Dass Betriebsüb­ergaben in der Landwirtsc­haft nicht immer einfach sind, ist bekannt. „Wir sind verwurzelt und verwachsen, da ist es immer schwer loszulasse­n“, sagt sie und ist froh, dass ihr diese Probleme erspart geblieben sind.

„Es ist ohnehin schwer genug, einen eigenen Weg zu finden“, sagt Katharina Tin- nacher. „Mein Weg ist der Bioweinbau.“Ökologisch­er Weinbau sei auch ökonomisch erfolgreic­h, ist sie überzeugt. Wer von der Natur lebt, muss sie auch respektier­en. Dass es einen Klimawande­l gibt, merkt die Winzerin mittlerwei­le fast jährlich. „Früher gab es in zehn Jahren zwei schlechte Ernten“, sagt sie. Heute seien Wetterextr­eme an der Tagesordnu­ng: Trockenhei­t, extreme Niederschl­äge, Hagel, Frost. „Aber es gibt auch immer wieder sehr gute Ernten und gute Jahrgänge“, betont sie.

Sie begegnet dieser Entwicklun­g, indem sie die Weine länger lagern lässt und immer zwei bis drei Ernten im Sortiment hat. „Ich muss mich von den Jahrgängen unabhängig machen“, sagt sie.

Das gelingt im „Jungweintr­inkerland“Österreich mit Spitzenqua­lität. Ihre Weine gibt es ausschließ­lich im Fachhandel und in der Gastronomi­e. „Nicht im Supermarkt“, betont sie. Knapp ein Drittel wird exportiert: vorwiegend nach Deutschlan­d, Skandinavi­en und in die USA.

„Die Herkunft macht den Wein einzigarti­g“, sagt Tinnacher. Was ein guter Wein ist? „Ein guter Wein ist spannend, begeistert mich, regt zum Nachdenken an.“(gh)

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[ tinnacher.at]

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