Mein Tipp: 2019 geht Literaturnobelpreis an Fing Tschin Hu!
Heuer entfallen leider die Expertenprognosen literarischer Kreise, aber . . .
Wie verzweifelt der Zustand des Planeten ist, lässt sich leicht daran ablesen, ob der Literaturnobelpreis vergeben wird. Heuer ist das zum ersten Mal seit 75 Jahren nicht der Fall – seit 1943, seit dem Zweiten Weltkrieg also.
Aber leider nicht, weil die Jury zur Einsicht gelangt wäre, dass ihre Aufgabe, unter all den zahllosen guten und preiswürdigen Dichterinnen und Dichtern dieser Welt den besten und preiswürdigsten zu küren, völlig unmöglich ist.
Denn ihr Instrumentarium der literarischen Wertung ist heillos mangelhaft, ihre Kriterien sind subjektiv, schwammig, phrasenhaft, unspezifisch, ein bisschen geschmäcklerisch, ein bisschen hinterzimmergegengeschäftemacherisch – und sehr, sehr zufällig. Was natürlich keiner der Weltjuroren zugeben würde, weil er damit seine eigene Qualifikation und Kompetenz, seine Machtposition und die Daseinsberechtigung seiner gesamten Disziplin infrage stellen würde.
Der Literaturnobelpreis 2018 wird deswegen nicht vergeben, weil es einen Sexskandal in der Jury gegeben hat. Und wo man schmutzigen Sex findet, muss man übrigens auch nach schmutzigen Geldgeschäften nicht lang suchen. Daher müssen heuer leider auch die Expertenprognosen in den literarischen Kreisen entfallen, wer es denn diesmal schaffen könnte.
Aber nächstes Jahr wird die Welt wieder eine bessere sein, und der Nobelpreis wird wieder vergeben werden. Und daher lautet mein Tipp, meine Prophezeiung schon jetzt: Fing Tschin Hu.
Denn erstens kann mich gar nichts überraschen. Zweitens hat sich der südchinesische Lyriker diese Auszeichnung längst verdient, sodass ich im Fall der Fälle gleich behaupten werde können, die schwedische Akademie habe eine gute Wahl getroffen. Das erhebt mich als Wahlbeurteiler in einem Aufwaschen gleich auch über die schwedische Akademie, von der sexualpolitischen Incorrectness abgesehen.
Und last, but not least sind Fing Tschin Hus Gedichte nicht nur hintergründig ironisch und teilweise mit lokalen gesellschaftlichen Referenzen zum Alltag der Südchinesen durchsetzt, sondern sie sind existenzielle Meditationen, in denen das Beobachten und das Sehen zur Grammatik des Seins werden.
So. Dagegen soll einer einmal etwas vorbringen, ohne sich sogleich als neidischer Querulant abzuqualifizieren!
Aber als ob ich es geahnt hätte, kann der friedlichste Experte nicht in Frieden leben und Expertisen hinausposaunen, weil immer ein lästiges Gegenüber in der Debatte auftaucht, das meinen Monolog zu einem Dialog zertrümmern will, in dem er – coram publico! – einwirft, er persönlich halte Hon Mi Tschung für die viel bessere Wahl, weil . . .
Zudem spreche eindeutig für Hon Mi Tschung, dass er sehr zurückgezogen lebe, sodass nicht einmal völlig geklärt ist, ob er überhaupt existiert. Niemand weiß genau, wie alt er ist, und es existiert keine einzige Fotografie von ihm.
Von solchen spekulationsbefeuernden Äußerlichkeiten abgesehen enthülle Hon Mi Tschungs Lyrik hinter jedem Schweigen eine Klage und finde hinter jedem Geheimnis eine Tat. Seine Lyrik und Prosa vereine poetische Brillanz mit politischer Brisanz. Ganz wichtig trotz alledem: Hon Mi Tschung urteilt nicht moralisch!
Gut, das kann man immer sagen. Jedenfalls: Wir haben ein spannendes Jahr vor uns!