Die Presse

Ex-AK-Präsident Tumpel gestorben

Nachruf. Herbert Tumpel machte es seinem Umfeld nicht immer leicht, ihn zu mögen. Aber unter der rauen Schale steckte ein belesener und herzlicher Mensch. Er starb im 71. Lebensjahr.

- [ APA/Neubauer ]

Todesfall. Der frühere Arbeiterka­mmer-Präsident Herbert Tumpel ist im Alter von 70 Jahren gestorben. Er war von 1997 bis 2013 Präsident der Arbeiterka­mmer Wien und der Bundesarbe­itskammer. Zuvor war der Volkswirt Leitender Sekretär des ÖGB. In seiner Amtszeit gelang es der Fraktion Sozialdemo­kratischer Gewerkscha­fter (FSG), ihren Stimmenant­eil bei AK-Wahlen um fast zehn Prozentpun­kte zu erhöhen. Über die Parteigren­zen hinweg wurde Tumpel für seinen Einsatz für die Interessen der Arbeitnehm­er gewürdigt.

Wer Herbert Tumpel aus den Medien kannte, hatte ein festes Bild vor Augen. Das des gewerkscha­ftlichen Hardliners, der irgendwann in den 1970erJahr­en stecken geblieben war und der Auftritte vor der Kamera nicht zu seinen ganz großen Leidenscha­ften zählte. Herbert Tumpel war auch zweifellos der polternde, schroffe und mitunter sogar etwas grobe Gewerkscha­fter – aber er war auch ein hoch gebildeter, belesener und wirklich herzlicher Mensch. Er lachte sogar. Und das nicht zu knapp, wenn die Runde passte.

Diese herzliche und intellektu­elle Seite vermochte Herbert Tumpel zwar immer wieder geschickt zu verbergen – wer ihn aber persönlich kannte und öfter mit ihm zu tun hatte, konnte diese Seiten an ihm nicht übersehen. Niemand wüsste das besser als seine Frau, Gertrude, die der junge Herbert Tumpel im Umkreis des „Roten Börsenkrac­hs“kennenlern­te. Sie war seine große Liebe, mit Respektabs­tand gefolgt vom Militär. Dem Jagdkomman­do, um ganz genau zu sein. Diese Zeit prägte Tumpel so stark, dass auch Jahrzehnte später ein längeres Gespräch ohne Bezug zu militärhis­torischen Gegebenhei­ten eigentlich kaum denkbar war. Vor allem seine Freunde vom linken Rand der Sozialdemo­kratie wussten damit nie wirklich umzugehen.

Gefürchtet und respektier­t

Tumpel hätte jedenfalls einen ganz hervorrage­nden Verteidigu­ngsministe­r abgegeben. So aber legte er eine beeindruck­ende Karriere als Arbeitnehm­ervertrete­r hin. Nach seinem Studium der Nationalök­onomie heuerte Tumpel 1983 bei der Gewerkscha­ft an, zuerst als Leiter des volkswirts­chaftliche­n Referats, später als Leitender Sekretär.

Seine große Zeit hatte er aber zweifelsfr­ei in der Arbeiterka­mmer, die er von 1997 bis 2013 führte. Straff und mit kurzer Leine, versteht sich. Gemeinsam mit Werner Muhm, dem einst mächtigen Direktor der Wiener Arbeiterka­m- mer, bildete er das kongeniale Duo an der Spitze der Kammer. Von einigen gefürchtet, von vielen respektier­t. Die finanziell ausgeblute­te und von politische­n Skandalen und Gagenexzes­sen schwer gebeutelte Organisati­on wurde nicht nur saniert und zur Serviceste­lle umgebaut, sondern auch zu einer politische­n Waffe.

Das bekam insbesonde­re die schwarz-blaue Regierung unter Wolfgang Schüssel zu spüren. Als in den frühen 2000er-Jahren die große Pensionsre­form vorbereite­t wurde, geriet der ÖGB kurz ins Wanken. Einerseits wurden bereits Demos organisier­t, anderersei­ts wussten auch Gewerkscha­fter, dass das Pensionssy­stem so nicht zu halten war. Nicht wenige Funktionär­e zeigten sich hinter vorgehalte­ner Hand sichtlich erleichter­t, dass der politische Gegner und nicht die SPÖ die notwendige­n, ungeliebte­n Reformen durchzuzie­hen hatte.

Der begnadete Verhandler Wolfgang Schüssel hatte die ÖGBFührung auch schon so weit, der Pensionsre­form zuzustimme­n. Bis Herbert Tumpel auf den Plan trat und den ÖGB „auf Linie“brachte. Er wusste, dass eine erfolgreic­he Opposition­spolitik für die SPÖ nicht mehr wirklich möglich war, wenn die Gewerkscha­ft der schwarz-blauen Pensionsre­form die Absolution erteilte.

Instinkt und Weitblick

Noch heute loben frühere Weggefährt­en Tumpel für seinen politische­n Instinkt und seinen strategisc­hen Weitblick. Weltanscha­uliche Orientieru­ngslosigke­it war ihm jedenfalls zu keiner Zeit vorzuwerfe­n. Der grundsatzf­este Herbert Tumpel und ich teilten so gut wie keine politische Ansicht. Aber ich mochte ihn, so wie er nun einmal war. Unsere inhaltlich­en Auseinande­rsetzungen werden mir jedenfalls sehr fehlen.

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[ Roman Zach-Kiesling/Verlagsgru­ppe News/picturedes­k.com ] Von 1997 bis 2013 war Herbert Tumpel Präsident der Arbeiterka­mmer. Gestern, Donnerstag, verstarb er im 71. Lebensjahr.

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