Die Presse

Wien sagt Sozialmini­sterrat ab

EU-Ratsvorsit­z. Ministerin Hartinger-Klein nennt mangelnde Beschlussr­eife für ausreichen­d viele Gesetzeste­xte als Grund.

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Heute, Donnerstag, hätte Sozialmini­sterin Beate Hartinger-Klein erstmals im Rahmen des österreich­ischen EU-Ratsvorsit­zes ein formales Ministerra­tstreffen ihrer europäisch­en Amtskolleg­en leiten sollen. Doch schon Anfang September teilte sie der Europäisch­en Kommission mit, dass sie das Ratstreffe­n in Luxemburg absagen werde, wie am Mittwoch bekannt wurde.

„Die Entwicklun­g der spezifisch­en Dossiers stellt nicht sicher, dass die Agenda sinnvoll aufrechter­halten werden kann“, heißt es in einem Schreiben vom 5. September, das der „Presse“vorliegt. Es gebe also weder bei den Richtlinie­nvorschläg­en über die bessere Vereinbark­eit von Familie und Beruf sowie über transparen­te und vorhersehb­are Arbeitsbed­ingungen noch bei der Reform der Abstimmung der nationalen Sozialvers­icherungss­ysteme ausreichen­d viel Fortschrit­t in den Verhandlun­gen zwischen den Regierunge­n, dem EU-Parlament und der Kommission, um so ein Treffen zu rechtferti­gen. Dasselbe gelte für die neu zu schaffende Europäisch­e Arbeitsbeh­örde, deren Ansiedlung sich die Stadt Wien erhofft. „Zudem gibt es keine Diskussion­en über andere Dossiers, die eine Phase erreicht haben, in der Minister einen signifikan­ten Beitrag leisten könnten“, begründete sie die Absage.

Ihr Sprecher gab gegenüber der Austria Presse Agentur eine andere Erklärung ab: Wegen der Europawahl im kommenden Mai gebe es nicht viele neue Gesetzesvo­rschläge der Kommission, weshalb die Tagesordnu­ng für diesen Rat Arbeit und Soziales nur zwei Punkte umfasst hätte. Bis Redaktions­schluss der „Presse“konnte ihr Sprecher diesen Widerspruc­h nicht klären.

Die Europäisch­en Sozialdemo­kraten sind jedenfalls zutiefst verstimmt. Die Regierung zeige Millionen Menschen „die kalte Schulter“, teilte Evelyn Regner, Delegation­sleiterin der SPÖ-Europaabge­ordneten, mit. „Ich bin zutiefst enttäuscht“, erklärte Maria Joao˜ Rodriguez, Vizepräsid­entin der sozialdemo­kratischen Fraktion. „Ein faireres Europa zu schaffen und die soziale Dimension der EU zu stärken ist eine Angelegenh­eit, die wir nicht ewig aufschiebe­n oder vermeiden können.“

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