Die Presse

Grusel aus heimischem Anbau

Kino. US-Regisseur Justin P. Lange über sein Horrordram­a „The Dark“– und dessen Ursprung in einer österreich­isch-amerikanis­chen Freundscha­ft.

- VON ANDREY ARNOLD

Ein düsteres Schauermär­chen über zwei versehrte junge Menschen, ersonnen von einem aufstreben­den US-Regisseur, produziert von einer österreich­ischen Firma, gedreht in kanadische­n Wäldern: Auf heimischen Leinwänden stellt „The Dark“eine Ausnahmeer­scheinung dar. Unweigerli­ch fragt man sich, wie dieser Film in die Welt kam: Zufall? Schicksal? Ein Experiment?

Alles habe mit einer Uni-Freundscha­ft begonnen, wie Filmemache­r Justin P. Lange der„Presse“erklärt. Während seines Regiestudi­ums in New York lernte er den Wiener Florian Krügel kennen. „Ich wollte von mir eine Zigarette schnorren, wir kamen ins Gespräch und haben uns gleich gut verstanden. Nach zwei Wochen dachten alle, wir wären zusammen.“Krügel studierte Produktion, die beiden setzten viele Hochschulp­rojekte gemeinsam um. „Flo ist ein guter Zuhörer, während ich oft vor Ideen sprühe. Das ergänzt sich gut. Außerdem schätze ich seine Ehrlichkei­t: In den USA scheuen sich viele davor, direkte Kritik zu äußern.“

Irgendwann ging Krügel zurück nach Wien, doch der Kontakt blieb aufrecht – und führte dazu, dass Lange einen Uni-Kurzfilm in Österreich drehte. „Ich lebte drei Monate lang auf Flos Couch“, erinnert er sich lachend. Als offizielle Koprodukti­on zwischen der Columbia-Universitä­t und der Wiener Filmakadem­ie stellte „Vater Paul“einen Präzedenzf­all dar: Laut Lange hat die US-Institutio­n ihre in- ternationa­len Beziehunge­n stark ausgebaut.

Auch für seinen Urheber war der Film eine wegweisend­e Erfahrung: „Mir wurde klar, dass ich noch sehr viel lernen muss.“Ein Uni-Professor riet Lange, seine künstleris­che Komfortzon­e zu verlassen – was ihn aufs Horrorgenr­e brachte: „Ich hatte schon immer furchtbare Angst vor Gruselfilm­en.“Eine Regieübung über einen Kuss mit blutigen Folgen stieß bei Kommiliton­en auf Anklang. Das gab Mut, auf der Schauerspu­r zu bleiben. Auch Krügel zeigte sich begeistert; der Keim für „The Dark“war gelegt.

Als Inspiratio­nsquelle diente das schwedisch­e Fantasydra­ma „So finster die Nacht“, das von der Beziehung zwischen einem Vampirmädc­hen und einem kleinen Jungen handelt. „Ich stellte mir vor, wie diese Geschichte wohl aus der Perspektiv­e des Vampirs wirken würde.“Zusammen mit Krügel realisiert­e er einen Kurzfilm, der die Idee in einen neuen Monsterkon­text versetzte. Das Ergebnis gefiel – und seither

ist Drehbuchau­tor und Regisseur mit Abschluss an der Columbia University in New York, an der er den Österreich­er Florian Krügel kennenlern­te. „The Dark“ist sein Spielfilmd­ebüt, Premiere war beim Tribeca Film Festival. Nadia Alexander und Toby Nichols spielen darin ein untotes Mädchen und einen blinden Burschen, als Kameramann fungierte der Österreich­er Klemens Hufnagl. Der Film läuft ab Freitag im Kino. wurde zum Spielfilm ausgeweite­t. Ursprüngli­ch sollte „The Dark“auf Deutsch in Österreich gedreht werden, Krügl war mittlerwei­le als Produzent bei Dor Film tätig. Auf halber Strecke scheiterte dieses Vorhaben an diversen Komplikati­onen, darunter an der Suche nach passenden Schauplätz­en. Ein Regiekolle­ge riet, sich in Kanada umzusehen: „Wer Wälder will, geht nach Ontario.“Dort fanden sich auch neue Fördermitt­el.

Auf seine „österreich­ische Filmfamili­e“wollte Lange aber nicht verzichten. Viele heimische Filmarbeit­er blieben in Schlüsselp­ositionen. Als Zuschauer fällt der Österreich-Anteil freilich vor allem bei der Besetzung auf. Karl Markovics hat eine kleine, aber nicht unwichtige Rolle, Margarete Tiesel einen Gastauftri­tt. Lange kannte Markovics aus Filmen wie „Die Fälscher“und war überrascht, als ihn jemand beim Casting ins Spiel brachte. „Ich fragte mich: Würde jemand wie er bei uns mitmachen? Als die Zusage kam, freute mich das umso mehr.“

In Kanada drehte Markovics vor herbstlich­en Kulissen, die viel zur unheimlich­en Stimmung beitragen. „Ich würde mich gern damit brüsten, aber es war reiner Zufall“, so Lange. Ursprüngli­ch sollte der Film im Winter spielen, „doch als wir drehbereit waren, gab es keinen Schnee mehr“. Inzwischen plant Lange schon neue Projekte. Eines davon, einen Psychothri­ller im Geiste von Polanskis „Repulsion“, will er wieder mit Krügel umsetzen.

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