Constantia-Anlegern winkt viel Geld
Neun Jahre nach dem Verkauf des Verpackungskonzerns zeichnet sich eine Einigung im Streit um eine höhere Abfindung des Streubesitzes ab. Basis ist ein neues Gutachten.
Es war ein Deal, bei dem es viele Verlierer und wenige Gewinner gab: Die Tochter des Industriellen Herbert Turnauer, Christine de Castelbajac, musste im Zuge des Immofinanz-Desasters die Constantia Packaging (CP) verkaufen. 2009 ging die „Perle“des Turnauer-Reichs an den zu JP Morgan gehörenden Finanzinvestor One Equity Partners (OEP). Dieser bot im Zuge des Gesellschafterausschlusses (Squeeze-out) dem verbleibenden Streubesitz eine Barabfindung von 47 Euro je Aktie an.
Seither wird gestritten und gefeilscht, denn die Anleger mutmaßten, dass der Verkaufs- und dann der Abfindungspreis bewusst niedrig angesetzt worden seien. Weshalb sie neben den Feststellungsklagen auf Überprüfung der Angemessenheit des Angebots in Österreich auch eine Klage gegen die OEP in New York einbrachten.
Jetzt, neun Jahre und mehrere Gutachten später, zeichnet sich ein Ende der Auseinandersetzung ab – mit einem doch positiven Ausgang für die Anleger. Denn der Grazer Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sowie Sachverständige Klaus Rabel hat nun im Auftrag des Prüfgremiums ein neues Gutachten vorgelegt, das seine beiden vorherigen Expertisen ergänzt.
Rabel kommt zu einem aufsehenerregenden Ergebnis, er setzt die angemessene Barabfindung nun mit 75,67 Euro je Aktie an. Das sind rund 60 Prozent mehr als das ursprüngliche Angebot und auch noch mehr als die von Rabel bisher angenommene Bandbreite von 67,55 bis 71,29 Euro.
Rechnet man die angelaufenen Zinsen und Verfahrenskosten dazu, dann muss die aus der inzwischen erfolgten Aufspaltung der CP hervorgegangene Constantia Flexibles bzw. ihre französische Eigentümerin Wendel rund 40 Mio. Euro auf den Tisch legen. „Das Gutachten bestätigt unsere Vorgangsweise“, sagt Kleinaktionärsschützer Wilhelm Rasinger zur „Presse“.
Auch wenn die Erwartungen bei manchen Aktionären höher lagen und die Hoffnung des Unternehmens naturgemäß darunter lag: „Es ist höchste Zeit, dass jetzt ein Schlussstrich gezogen wird und beide Seiten diesen Wert akzeptieren“, meint Rasinger.
Er und der streitbare Aktionär Alexander Proschofsky, der die Klage in den USA initiiert hatte, waren von Anfang an überzeugt, dass die CP unter ihrem Wert ver- kauft worden war. Dies bestätigte sich bei der Aufspaltung des Konzerns: 2011 wurde der Alukonzern Amag mit einer Wertsteigerung von 150 Prozent abgespalten und an die Börse gebracht. 2014/15 wurde der CP-Kern, die Constantia Flexibles, mehrheitlich an die Wendel-Gruppe verkauft (der Rest blieb bei Turnauer). Die Flexibles wurde damals laut Wendel mit 2,3 Mrd. Euro bewertet. Ein Jahr später ging die Duropack um 300 Mio. Euro an die britische DS Smith.
Rabel hat nicht nur alle Einwände von Antragstellern und -gegnern eingearbeitet. Er hat vor allem die Ergebnisse des New Yorker „Discovery-Verfahrens“auf Bewertungsrelevanz hin berücksichtigt. Dieses habe ergeben, dass die Vorgangsweise des damaligen CPManagements sehr problematisch gewesen sei, so Rasinger. Der Abfindungspreis sei offensichtlich bewusst und gezielt zulasten des Streubesitzes nach unten gedrückt worden.
Mehr als 30 Squeeze-out-Verfahren hat es bisher in Österreich gegeben. Bei den meisten gab es mehr Geld für Aktionäre. Eines der prominentesten, auch nach zehn Jahren noch anhängigen, betrifft die Bank Austria. Weitere gibt und gab es bei Buwog, Conwert, BWT, Schlumberger, Bene, ATB, AUA, Miba, Ecobusiness und Beko.