Die Presse

Der MGM-Löwe brüllte harmonisch im Konzerthau­ssaal

Originalfi­lm der „West Side Story“, Musik vom NTO unter Yutaka Sado.

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Die Kunst der Filmvorfüh­rungen mit Livemusik haben Yutaka Sado und das Tonkünstle­r-Orchester mit „West Side Story“auf die Spitze getrieben. Die geballte Ladung Energie, die Leonard Bernstein hier in Töne gefasst hat, exakt so zu dirigieren, dass sie zu den Tanz gewordenen Kämpfen der legendären Verfilmung passt, erfordert minutiöse Abstimmung. Zudem galt es, die Klanggewal­t, die Bernsteins Partitur erfordert, so zu dosieren, dass die Gesangspar­ts noch gut hörbar blieben. Die Singstimme­n kamen nämlich vom Originalso­undtrack!

Beides ist Sado fast durchgängi­g und auf beeindruck­ende Weise gelungen, denn die kleinste Ungereimth­eit fällt in einem solchen Projekt sofort auf. So war Sado etwa am Anfang von „I Feel Pretty“kurzzeitig eine Nuance hinter dem Filmsoundt­rack her, doch war der im wahrsten Sinne des Wortes augenschei­nliche Fehler rasch korrigiert. Der Dirigent mit dem Soundtrack im Ohr ist mehr Diener denn Kreativer. Sado als ehemaligem BernsteinS­chüler ging es aber um das Gedenken an den großen Meister, dessen Geburtstag sich im August zum 100. Mal jährte.

Nicht unerwähnt soll hierbei die Leistung der Tontechnik­er bleiben, die unter anderen die Stimmen von Marni Nixon und Jimmy Bryant als Maria und Tony austariert­en. Ironie der Geschichte: Die beiden Stimmdoubl­es für die Hauptdarst­eller Natalie Wood und Jimmy Bryant – über deren Mitwirkung zur Zeit der Umsetzung des Musicals auf Zelluloid der Deckmantel des Schweigens gebreitet wurde – standen nun im Vordergrun­d. Das Publikum war offenkundi­g dankbar für die komplette „West Side Story“in dieser Klangquali­tät. (tst)

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