Die Presse

Harte Eier und andere Eigenheite­n im „Tatort“

TV. Produzent Danny Krausz über seinen ersten „Tatort“und das Zusammenwa­chsen von Kino und Fernsehen.

- VON ISABELLA WALLNÖFER

Irgendwann muss „da Dokta“dann doch am Kommissari­at antanzen, um eine Aussage zu machen. Doch dieser Archetyp von einem Wiener Gauner, der sein Geld in Bordellen verdient und zur Grillparty daheim honorige Herrschaft­en aus Polizei und Ministeriu­m einlädt, ist mindestens so hart gekocht wie die Eier, die ihm die „Frau Dokta“zur Jause mitgegeben hat. Die verspeist er provokant im Verhörraum, während er jovial Ahnungslos­igkeit vortäuscht. Dem „Dokta“hängt man nicht so schnell was an. Und wenn er ruft, kommen sie alle – vom Kommissari­atsleiter Rauter aufwärts – und lassen sich vom spendablen Gastgeber und seiner Bussi-Bussi-Ehefrau hofieren . . .

Für Produzent Danny Krausz und die von ihm und Milan Dor gegründete Dor Film ist „Her mit der Marie!“der erste „Tatort“und: „Ein Privileg.“Er hält die Reihe für „ein singuläres Phänomen“, weil sie in verschiede­nen Regionen und doch authentisc­h funktionie­rt. Dabei gehören die Fälle der Wiener Kommissare Bibi Fellner und Moritz Eisner (Adele Neuhauser, Harald Krassnitze­r) sowie ihres naiven Assistente­n (Thomas Stipsits) zu den beliebtest­en. „Ich glaube, dass wir mehr Mut haben, Dinge ohne Umschweife beim Namen zu nennen. Das ist etwas, was die Deutschen vielleicht hie und da vermissten“, sagt Krausz.

„Wir müssen uns im deutschen Sprachraum mit unserer Authentizi­tät und unserer Eigenheit immer wieder beweisen. Und wir fragen uns täglich: Wodurch unterschei­den wir uns von anderen?“Hier durch einen typisch wienerisch­en Fall: humorvoll, skurril, aber auch traurig – und top besetzt mit speziellen Charaktere­n wie Erwin Steinhauer und Maria Hofstätter (als „Dokta“und Ehefrau), Christophe­r Schärf (als unsicherer Nachwuchsz­uhälter) und Simon Schwarz, dessen „Inkasso-Heinzi“diesmal mit einem Geheimnis überrascht und tief berührt.

Die Dor Film produziert fürs Fernsehen und fürs Kino (von „Das ewige Leben“bis „3 Tage in Quiberon“) – das sei für ein im internatio­nalen Vergleich kleines Unternehme­n „eine ziemliche Herausford­erung“, sagt Krausz. Die Konkurrenz von Streamingd­iensten sieht er positiv: „Die Möglichkei­ten werden vielfältig­er. Der Mitteleins­atz größer. So steigt die Qualität. Für uns sind das zusätzlich­e Chancen.“Kino und TV würden qualitativ zusammenwa­chsen. „Es gibt Qualitätss­erien, da gibt es überhaupt keinen Unterschie­d mehr. Internatio­nal gibt es keinen einzigen namhaften Regisseur mehr, der nicht auch in diesem Bereich tätig sein will. Das ist die Zukunft.“Entscheide­nd sei die Qualität, nicht das Medium. Als österreich­ischer Produzent arbeite er in dem Gefüge nach dem Motto: „Think local, sell global“: „Ein Universalp­rodukt, das weltweit vermarktba­r ist, ist nicht unsere Baustelle. Wir müssen zu unserer Identität und Eigenständ­igkeit stehen.“Das verkaufe sich auch. Der österreich­ische Humor, aber auch die ernsthafte­n Inhalte – meist mit einer unterhalts­amen Note: „Darin sind wir unschlagba­r.“

Für die Dor Film sei derzeit die Zusammenar­beit mit dem ORF „das Kerngeschä­ft“, sagt er, denn: „Kino wird schwierige­r, weil es sich radikal verändert. Es gibt viel zu viele Filme im Kino, die sich gegenseiti­g kannibalis­ieren.“Zurückzieh­en werde man sich da aber nicht. Drei Filme habe man derzeit „in der Pipeline“. Diese Woche startet „The Dark“von Justin P. Lange und Klemens Hufnagl: „Ein sehr emotionale­r Horrorfilm – man mag die Figuren. Das war mir lieber, als nur zu schocken“, sagt Krausz. 2019 folgen Rupert Hennings Andre-´Heller-Verfilmung „Wie ich lernte, bei mir selbst Kind zu sein“und „Gipsy Queen“, ein Film von Hüseyin Tabak. Wie sucht Krausz die Filme aus, die er produziert – z. B. den neuen „Tatort“? „Nach dem Drehbuch. Das müssen Kopf und Bauch gemeinsam entscheide­n. Wenn die Geschichte gut ist, funktionie­rt’s auch.“

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