US-Steuerreform und ihre Folgen: Gefahr liegt in der Luft
Ein Rückblick auf die Ära Reagan: Wiederholt sich gerade die Geschichte?
Wiederholt sich die Geschichte? Als Präsident Ronald Reagan 1981 sein Amt übernahm, senkte er die Höchstsätze der Körperschaftsteuer und die persönliche Einkommensteuer und erlaubte eine FastSofortabschreibung von Ausrüstungsinvestitionen. Da er zugleich begann, die Wirtschaft zu deregulieren, konnte er seine Politik Angebotspolitik nennen. Doch in Wahrheit realisierte er das bis dahin größte keynesianische Konjunkturprogramm aller Zeiten.
Zwar berief er sich auf den Laffer-Effekt, nach dem sich Steuersenkungen durch den von ihnen ausgelösten Boom angeblich selbst finanzieren. Doch die Realität war ernüchternd. Über zwei Legislaturperioden hinweg verdoppelte er die Defizitquote des Staates im Vergleich zu den zwei vorangehenden Perioden. Die Staatsschuld wuchs um viele Hundert Milliarden Dollar. Aber die Wirtschaft kam ab Mitte seiner ersten Amtsperiode gewaltig in Fahrt. Reagan wurde zum Helden der Wirtschaft.
Kehrseite des Booms war ein rascher Zinsanstieg. Der Außenwert des Dollar stieg im Vergleich zu den meisten anderen Währungen. Der Kursanstieg brachte weltweit Banken und Volkswirtschaften, die sich in Dollar verschuldet hatten, in Schwierigkeiten, weil sie in heimischer Währung bilanzieren mussten und durch die Aufwertung ihrer Passiva plötzlich sehr viel Eigenkapital verloren.
1982 ging Mexiko in Konkurs, es folgten Brasilien, Argentinien und Chile. Fast alle lateinamerikanischen Länder hatten sich in den 1970er-Jahren in Dollar verschuldet und strauchelten. In Europa waren die Folgen weniger dramatisch, weil man nicht in Dollar verschuldet war. Doch konnte sich Europa gegen den Zinsanstieg nicht verwehren, ohne eine noch stärkere Abwertung der eigenen Währungen zu riskieren. Die Folge war eine jähe Abschwächung des Bau- booms, der in einigen Ländern, vor allem auch in Deutschland, in den 1970er-Jahren geherrscht hatte.
All dies sollte man vor Augen haben, um die gewaltige Steuerreform einzuschätzen, die in den USA unter Donald Trump realisiert wird: Eine Reform, die den Körperschaftsteuersatz von 35 auf 21 Prozent senkt, erneut Fast-Sofortabschreibungen für Ausrüstungsgüter vorsieht, außerdem Steuern auf repatriierte Gewinne von US-Betrieben abschafft und ein Budgetdefizit von 1900 Mrd. Dollar in einer Dekade hervorbringen könnte.
Besonders deutlich werden die Parallelen bei der Wirtschaftsentwicklung. So liegt das Wachstum der USA derzeit bei einem Wert von vier Prozent, der aus europäischer Sicht schon astronomisch anmutet. Und die Zinsen sind weiter im Aufwind. Auch der Wechselkurs hat bereits reagiert. So schlug die Aufwärtsbewegung des Euro, die 2017 dominierte, mit dem Beginn des Jahres 2018 in eine Abwärtsbewegung um.
Diese Abwärtsbewegung wird sich vermutlich fortsetzen, obwohl der Euro bereits unterbewertet ist. Die Dramatik der Kursentwicklungen könnte erhebliche Ausmaße annehmen und einige Länder, die stark in Dollar verschuldet sind, unter Druck setzten.
Die jetzigen Währungskrisen in Argentinien und der Türkei, zwei Länder, die auch schon 1982 dabei waren, haben wie damals mit einem raschen Währungsverfall und nur noch schwer beherrschbaren Fremdwährungskrediten zu tun. Indonesien, Südafrika und manche andere Schwellenländer sind gefährdet. Südeuropa kann auch keine höheren Zinsen vertragen. Gefahr liegt in der Luft.