Königskinder, Wunderkammern & Regentage
Zu seinem 25-Jahr-Jubiläum präsentiert das Auktionshaus im Kinsky ein handverlesenes Angebot von Antiquitäten sowie eine Reihe von Werken namhafter Meister der alten Kunst und des 19. Jahrhunderts.
Aufgrund seiner zahlreichen Bildnisse von Mitgliedern der Habsburger Familien eilte Jakob Seisenegger nicht nur in ganz Europa sein Ruf als Porträtspezialist voraus. Seit 1531 stand er auch als Hofmaler im Dienst des späteren Kaisers Ferdinand I. (1503–1564). In der Funktion beauftragte ihn dieser im Jahr 1537, eine Bildnisserie von sämtlichen seiner Kinder anzufertigen. Der älteste Sohn und spätere Kaiser Maximilian war da gerade einmal zehn Jahre alt, die älteste Tochter Elisabeth elf. Zusammen mit den Porträts der jüngeren Geschwister (Anna, Ferdinand, Maria, Magdalena, Eleonora, Margaretha und Johanna) umfasste die Bildnisserie also mindestens neun Porträts. Dass diese Kinderporträts, von denen 1980 zwei auf den Kunstmarkt kamen, jahrhundertelang nahezu geschlossen in hocharistokratischem Besitz in Wien verblieben waren, eines davon in habsburgischem Besitz, deutet der Kunsthistoriker Kurt Löcher 1981 als Hinweis, dass „König Ferdinand die Kinder für den eigenen Bedarf porträtieren ließ“. Damit unterscheidet sich die Serie von den aristokratischen Werbebildern der damaligen Zeit, die in Auftrag gegeben wurden, um sie durch Europa zu schicken und Heiraten anzubahnen.
Die Porträts der beiden Erstgeborenen – „Bildnis der Erzherzogin Elisabeth (1526–1545)“und „Bildnis des Erzherzogs Maximilian (1527–1576)“– zählen nun zu den Spitzenlosen der kommenden „Alte Meister“-Auktion im Kinsky. Ausgeführt im typischen Seisenegger-Stil, der geprägt ist vom Austausch zwischen Nord und Süd, treffen hier künstlerische Einflüsse von Cranach, Dürer und der Donauschule auf italienische Einflüsse a` la Pontormo oder Bronzino. So jung an Jahren die Porträtierten auch sind – in der Darstellung sind die königlichen Attribute bereits angelegt. Blumenkränze deuten die Krone an, der schwere rote Samt der Kleider und dunkle Brokat des Hintergrunds unterstreichen die Würde. Ein Distelfink in der Hand des Knaben symbolisiert die königliche Erziehung. Als Zeichen der Beurkundung ihrer Majestät hat Seisenegger die Porträts der Kinder mit Spruchbändern versehen, die ihre Rolle detailliert beschreibt: „Des Römischen Kunigs Ferdinannden Erstgebornen Suns Kunig Maximilians / abconterfetung der am Ersten tag Augusti des 1537 Jars mit hilff des allmechtigen / zehen Jar allt worden. Ist vollenndt am Sibennden tag Septembris des 1537 Jars“, heißt es etwa am oberen Rand des Bildnisses von Maximilian (50.000 bis 100.000 Euro).
Mit insgesamt 19 Losnummern ist die Stimmungsimpressionistin Marie Egner (1850–1940) Hauptakteurin der Auktion „Gemälde des 19. Jahrhunderts“. Ihr mittelformatiges Ölbild „Regentag in Sexten“ist ein hervorragendes Beispiel ihrer Malerei, in der das Wechselspiel von Licht und Farbe mehr und mehr bestimmend wurde. Entstanden ist das Gemälde auf einer Reise, die Marie Egner im Jahr 1906 über das Pustertal in die Südtiroler Dolomiten führte. Durch ihre farbstarke Interpretation der Mohnblumen eines Bauerngartens am Rande der grauen Kulisse von Häusern, Straße und Himmel gelingt es ihr, die ungemütliche Ausgangslage zum Malerischen hin zu wenden (15.000 bis 30.000 Euro).
Prägend für die künstlerische Biografie der gebürtigen Radkersburgerin, die nach Studien in Graz und Düsseldorf und zahlreichen Reisen durch ganz Europa schließlich nach Wien übersiedelte, war die Begegnung mit dem Landschaftsmaler Emil Jakob Schindler. 1881 bis 1887 nahm sie bei ihm Privatunterricht. Mit Tina Blau, Olga Wisinger-Florian, Carl Moll, Theodor von Hörmann und Hugo Darnaut wurde Marie Egner ab 1885 Teil des Malerkreises, den Emil Jakob Schindler in den Sommermonaten auf seinem Schloss in Plankenberg bei Sieghartskirchen um sich scharte. Die Mitglieder dieser Künstlerkolonie sollten später den Kern des österreichischen Stimmungsimpressionismus bilden.
Entscheidend für ihren persönlichen Stil war allerdings die Ablösung von ihrem Lehrer während eines zweijährigen Aufenthalts 1887/88 als Kunsterzieherin in London. In der Zeit entdeckte sie die Aquarelltechnik für sich und perfektionierte diese immer weiter. Ein umfangreicher Block von 18 Landschaftsaquarellen überwiegend aus dem Nachlass der Künstlerin und Wiener Privat- besitz dokumentiert den Reiz, den das Medium mit seiner Leichtigkeit, Lichtkraft wie auch einfachen Transportabilität auf die Künstlerin ausübte.
Die Faszination von Kunst- und Kunstkammerobjekten liegt in der Einzigartigkeit und Ausgefallenheit, die diesen bisweilen miniaturhaft kleinen Preziosen aus der Welt der Reliquien und des Wunderglaubens innewohnt. Meist aus seltenen Materialien wie Elfenbein, Kristallen, Halbedelsteinen oder Straußeneiern gefertigt, machen sie den Betrachter durch äußerste Kunstfertigkeit staunen. Zumal im Barock wurden gern Botschaften der Vergänglichkeit, Flüchtigkeit, Zerbrechlichkeit und Unbeständigkeit alles Irdischen transportiert, mithin das „Memento mori“.
Dank einer Wiener Privatsammlung bilden solche Objekte diesmal einen der Schwerpunkte der Sparte Antiquitäten. Ein exquisites Beispiel ist etwa ein kaum fünf Zentimeter hoher geschnitzter Wendekopf aus Elfenbein, der im 16. Jahrhundert in Deutschland oder den Niederlanden entstanden ist. Je nach Ansicht zeigt er sich seinem Betrachter mit einer Büste der Maria Immaculata, der Maria Magdalena, eines Sterbenden und mit einem Totenschädel. Vergleichbare Objekte finden sich im Londoner Victoria and Albert Museum sowie dem Metropolitan Museum in New York.
Eine ähnliche Rarität stellt der aufklappbare Miniatursarg mit Schnitzerei aus den Niederlanden, 16. Jahrhundert dar. Gefertigt aus Buchsbaum und Silber, finden sich im Inneren des nur sieben Zentimeter langen Objekts mehrere Einlegetafeln, die das Memento mori in Bild und Text moralisierend thematisieren, unter anderem durch die Darstellung des Jüngsten Gerichts. Totenköpfe tauchen aber auch in Form von Duftund Giftkapseln auf oder als Anstecknadeln.
Auf dem Uhrensektor sticht die „Äbtissinnen-Uhr“heraus – eine seltene aufklappbare Halsuhr in Form eines Kreuzes, entstanden um die Mitte des 17. Jahrhunderts. Gefertigt aus Bergkristall und Silber und zum Teil feuervergoldet, finden sich auf dem gravierten Fronton Darstellungen des Auge Gottes und der Himmelfahrt Christi. Eine Gravur auf der Platine weist die Uhr aus als Werk von Jean Rousseau, einem berühmten Genfer Uhrmacher des 17. Jahrhunderts. Di, 23. 10., 15 Uhr: Alte Meister Di, 23. 10., 17 Uhr: Gemälde des 19. Jahrhunderts Mi, 24. 10., 15 Uhr: Antiquitäten